Meilensteine der Fettgewebsfoschung in Ulm

Bis in die 80er Jahre ging man davon aus, dass lediglich im Kindesalter eine Neubildung von Adipozyten aus Vorläuferzellen im Fettgewebe (Differenzierung) möglich ist, und diese Kapazität im Erwachsenenalter nicht mehr vorhanden ist. In unserem Ulmer Forschungslabor konnten wir die altersabhängige Differenzierungsfähigkeit von Vorläuferzellen aus dem menschlichen Fettgewebe durch in-vitro-Experimente darstellen (Wabitsch, M.: Untersuchungen über die Entwicklung des Fettgewebes im Kindesalter. Unv. Diss., Universität Ulm, 1990). Diese Erkenntnisse standen damals im Gegensatz zu den Befunden, die bei Ratten und Mäusen gefunden wurden. Im Fettgewebe dieser Säugetiere fanden sich lebenslang differenzierungsfähige Vorläuferzellen für Adipozyten im Fettgewebe. Untersuchungen zur Zellularität des Fettgewebes bei Erwachsenen, die deutlich an Gewicht zunahmen und eine deutliche Zunahme der Adipozytenzahl im Fettgewebe zeigten, ließen die In-vitro-Befunde allerdings anzweifeln. Es lag die Vermutung nahe, dass das verwendete fötale Kälberserum in den Zellkulturen die Differenzierungsfähigkeit von Vorläuferzellen hätte. In Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Daniel Galliard, Gerard Alliaud und Raymond Negrel am Centre de Biochimie, Faculté de Science an der Universität Nizza, ist es uns schließlich gelungen im Jahr 1989 ein neues serumfreies Kultursystem zu entwickeln, dass nun deutlich besser geeignet war für die Untersuchung der Adipozytenentwicklung im Fettgewebe (Hauner, H. et al. 1989; Hauner, H. et al. 2001). Unter diesen serumfreien Kulturbedingungen konnten wir zeigen, dass auch bei Erwachsenen bis ins hohe Alter eine beträchtliche Zahl von Vorläuferzellen im Fettgewebe vorhanden ist, die in vitro sich in Adipozyten differenzieren lassen. Dieser Befund und das entwickelte Kultursystem waren damals ein wissenschaftlicher Durchbruch. Neben der Möglichkeit nun ohne inhibierende Serumfaktoren Vorläuferzellen zu kultivieren, konnten wir zeigen, dass die Differenzierung humaner Präadipozyten signifikant von der Verfügbarkeit von Glukokortikoiden abhängt. Dies war in den bisherigen Experimenten mit murinen Zellen nicht gefunden worden. Das Kultursystem und die damals von unserem Labor und dem Labor von Professor Löffler in Regensburg (PMID:3309456; PMID:3309457) entwickelten Methoden sind heute nach wie vor die Grundlage aller Untersuchungen an primären mesenchymalen Stammzellen, die aus dem Fettgewebe des Menschen isoliert werden.