Ulmer Psychosomatische Klinik startet Leuchtturm-Elternprogramm

Hilfe für psychisch belastete Eltern – ein sicherer Hafen für Kinder

Eltern mit psychischen Erkrankungen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Sie kämpfen nicht nur mit eigenen Belastungen, sondern tragen gleichzeitig Verantwortung für eine gesunde Entwicklung ihrer Kinder. Um betroffene Familien wirksam zu unterstützen, hat die Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm unter der Leitung von Professorin Dr. Jana Volkert ein neues Behandlungsangebot ins Leben gerufen: das Leuchtturm-Elternprogramm.

„Es ist nicht die Perfektion der Eltern, die entscheidend ist, sondern ihre Fähigkeit, emotional für ihr Kind da zu sein“, zitieren die Verantwortlichen den Psychoanalytiker Donald Winnicott. Genau hier setzt das Leuchtturm-Programm an: Ziel ist es, die sogenannte elterliche Mentalisierungsfähigkeit zu stärken – also die Fähigkeit, über Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse des Kindes und die, die bei den Eltern selbst in der Beziehung zum Kind entstehen, nachzudenken.

Stärkung der Mentalisierungsfähigkeit

Mithilfe bildhafter Metaphern – etwa der Idee eines „sicheren Hafens“ oder des kindlichen „Piratenmodus“ – lernen Eltern in Gruppen, den Alltag mit ihrem Kind besser zu verstehen, Konflikte zu deeskalieren und emotionale Nähe zu fördern. Begleitet werden die Teilnehmer*innen von den Leuchtturm-Therapeutinnen Professorin Dr. Jana Volkert und Elisa Merkenschlager (M.Sc.-Psychologie), die sich gezielt an Mütter und Väter mit psychosomatischen Erkrankungen und Kindern bis zum 15. Lebensjahr richten.

„Betroffene Eltern stehen oft unter starkem Druck, ihren Kindern trotz eigener Probleme gerecht zu werden. Die Gruppentherapie zeigt ihnen: ‚Sie sind nicht allein‘", erklärt Elisa Merkenschlager. „Gerade das gemeinsame Nachdenken über belastende Familiensituationen kann neue Perspektiven eröffnen und hilft, Schuld- und Schamgefühle zu reduzieren.“

Psychische Gesundheit der Eltern: ein unterschätzter Risikofaktor für Kinder

Die Relevanz des Themas ist groß: Rund 17,8 Millionen Erwachsene in Deutschland sind jährlich von psychischen Erkrankungen betroffen – und etwa jedes vierte Kind lebt mit einem psychisch kranken Elternteil. Diese Kinder haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst psychische Störungen zu entwickeln, insbesondere wenn sie ohne angemessene Unterstützung aufwachsen. Dennoch greift Hilfe häufig erst spät – meist dann, wenn Kinder bereits gravierende Auffälligkeiten zeigen.

„Wir wollen frühzeitig ansetzen“, betont Prof. Volkert. „Eltern brauchen Angebote, die auf ihre besondere Lebenssituation zugeschnitten sind – bevor es zu schwerwiegenden Folgen für die gesamte Familie kommt.“

Versorgungslücke schließen – Wirksamkeit wissenschaftlich begleiten

Mit dem neuen Elternprogramm leistet die Klinik einen wichtigen Beitrag, die Versorgungslücke psychisch belasteter Eltern zu schließen – insbesondere angesichts steigender Fallzahlen und gesellschaftlicher Herausforderungen wie der Zunahme von Alleinerziehenden oder anhaltenden Nachwirkungen der Corona-Pandemie. Das Leuchtturm-Elternprogramm wird aktuell im stationären und teilstationären Setting angeboten und wissenschaftlich evaluiert. Perspektivisch ist auch ein ambulantes Angebot geplant, um noch mehr betroffene Familien zu erreichen.

Anhand der Metaphern der „Seekarte“ explorieren die Teilnehmenden des Leuchtturm-Elternprogramms unterschiedliche Situationen in der Beziehung zum Kind. (Foto: Universitätsklinikum Ulm)

Prof. Jana Volkert

Elisa Merkenschlager