Endo...was? Endometriose!

Der 29. September ist Tag der Endometriose. Das sagt Ihnen nichts? Da sind Sie nicht allein. Dr. Peter Widschwendter, Oberarzt und Leiter des Endometriosezentrums am Universitätsklinikum Ulm erklärt, was genau Endometriose ist, welche Symptome mit der Erkrankung einhergehen und welche Behandlungsmöglichkeiten Patientinnen zur Verfügung stehen.

Was genau ist Endometriose?

Bei Endometriose handelt es sich um eine gutartige Erkrankung. Bei jeder Periodenblutung können Zellen, die große Ähnlichkeiten mit der Gebärmutterschleimhaut haben (das ist jener Teil, der jeden Monat bei der Periode vom Körper abgestoßen wird), zu einer Art Entzündung führen. Diese Entzündungsherde verursachen in der Regel große Schmerzen.

Was sind die Ursachen der Erkrankung?

Die Entstehung ist immer noch nicht bis ins Detail klar. Experten gehen jedoch davon aus, dass während der Periodenblutung Zellen vom Inneren der Gebärmutter über die Eileiter in die Bauchhöhle transportiert werden (sog. retrograde Menstruation). Obwohl nahezu alle Frauen bei der Periode auch geringfügig in die Bauchhöhle bluten, bekommen nicht alle Endometriose. Es dürfte dementsprechend auch eine genetische Veranlagung eine Rolle spielen.

Unter welchen typischen Symptomen leiden betroffene Frauen?

Schmerzen während der Periode und beim Geschlechtsverkehr sind die häufigsten Beschwerden, weswegen Betroffene einen Arzt aufsuchen. Aber auch bei ungewollter Kinderlosigkeit kann die Diagnose Endometriose lauten. Dies ist bei ca. 40 Prozent der Patientinnen der Fall. Treten Schmerzen beim Stuhlgang oder Wasserlassen auf, kann dies ein Hinweis sein, dass die Endometriose am Darm oder an der Harnblase vorhanden ist.
Interessant ist, dass zwischen Ausmaß der Endometriose und Beschwerden kein Zusammenhang besteht. Das bedeutet, dass auch wenige Endometrioseherde im Bauch zu einer enormen Schmerzsymptomatik führen können. Andererseits fallen größere Endometrioseknoten am Darm oder der Scheide manchmal erst auf, wenn die Patientin aufgrund ihres Kinderwunsches ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Können Betroffene auch selbst etwas tun, um die Symptome zu lindern?

Das Wichtigste vorab: Therapie nur bei Beschwerden! Für eine Therapie stehen im Wesentlichen drei Möglichkeiten zur Verfügung: eine hormonelle Therapie (in Form der „Pille“), eine Schmerztherapie und eine Operation, also die chirurgische Entfernung der Endometrioseherde. Letzteres wird fast ausschließlich mittels schonender Schlüsselloch-Chirurgie durchgeführt, bei uns in Ulm auch mit dem sog. Operationsroboter. Dies ist eine besonders präzise Form der Chirurgie, bei der – anders als der Name vermuten lässt – der Operateur den Eingriff durchführt. Aufgrund ihres chronischen Verlaufs braucht es aber bei der Behandlung der Endometriose oft eine weitere individuelle Therapie. Hier am Endometriosezentrum Ulm haben wir die Möglichkeit eine Reihe sinnvoller zusätzlicher Therapien anzubieten, z.B. Physio-, Schmerztherapie oder psychosomatische Therapien, Osteopathie, Akupunktur, traditionelle chinesische Medizin oder Homöopathie. Die Behandlung an einem zertifizierten Zentrum mit entsprechenden Angeboten bietet Patientinnen daher viele Vorteile.
Zusätzlich empfehlen wir unseren Patientinnen auch den Austausch in Selbsthilfegruppen, wie wir es in Ulm sowohl digital (z.B. in der Facebook-Gruppe des "Endotreffs") als auch analog anbieten. Therapie muss nicht immer mit Hilfe von Medikamenten oder Operationen erfolgen. Austausch und Verständnis für die Erkrankung ist ebenso wichtig für die betroffenen Frauen. Gesunde Ernährung, Sport, Stressabbau haben nachgewiesener Weise einen günstigen Effekt auf die Erkrankung.

Handelt es sich bei Endometriose um eine seltene Krankheit? Wie viele Frauen sind ungefähr betroffen?

Circa jede achte bis zehnte Frau hat Endometriose, aber nicht jede von ihnen ist therapiebedürftig. Dennoch bedeutet das ca. 40.000 neuerkrankte Frauen in Deutschland pro Jahr – eine enorme Anzahl. Wenn man bedenkt, dass Betroffene sich häufig krankschreiben lassen müssen oder nur eingeschränkt belastbar sind, stellt diese Erkrankung auch eine große gesundheitsökonomische Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass im Schnitt zehn Jahre vergehen, bis die Diagnose „Endometriose“ gestellt wird und entsprechende Therapien eingeleitet werden können. Aus diesem Grund veranstalten wir auch dieses Jahr wieder eine Infoveranstaltung mit Patientinnen und Therapeuten, um Betroffene aber auch interessierte Frauen für dieses Thema zu sensibilisieren.

 

Nähere Informationen zur Infoveranstaltung zum Thema Endometriose finden Sie hier.

Sie sind selbst betroffen und wollen Ihre Erfahrungen austauschen? Dann schauen Sie doch mal im Endotreff, der Endometriose-Selbsthilfegruppe im Raum Ulm, vorbei. Zur Facebook-Gruppe geht es hier.

 

Anhand eines Modells der Gebärmutter erklärt Dr. Peter Widschwendter wo genau sich Endometrioseherde befinden können. (Quelle: Universitätsklinikum Ulm)

Die Endometrioseherde sind im Gebärmutter-Modell als rote Punkte gekennzeichnet. (Universitätsklinikum Ulm)