Der Aktionstag zum Gruppenprogramm „In Würde zu sich stehen“ (IWS) am Freitag, 23. Mai 2025, in der Villa Eberhardt der Universität Ulm war ein voller Erfolg: Rund 60 Fachkräfte, Betroffene, Angehörige und Interessierte folgten der Einladung, um sich über das peer-geleitete Gruppenprogramm gegen Selbststigma bei Menschen mit psychischen Erkrankungen zu informieren und auszutauschen.
Organisiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Nicolas Rüsch (Klinik für Psychiatrie II der Universität Ulm am BKH Günzburg) und dem IWS-Projektteam der Sektion Public Mental Health. Ziel der Veranstaltung war es, erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie „EI-IWS – Effektivität und Implementierung des peer-geleiteten Programms ‚In Würde zu sich stehen‘ (IWS) zum Abbau von Selbststigma bei Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen“ vorzustellen und in praxisnahen Workshops gemeinsam Ansätze zur nachhaltigen Verankerung in der Versorgung zu diskutieren.
Im Fokus standen vor allem die positiven Effekte des IWS-Programms auf Belastung durch Stigmatisierung, durch Selbststigma oder Scham sowie auf die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen. „Unsere Daten zeigen, dass IWS nicht nur Selbststigma reduziert, sondern auch die Lebensqualität und Depressivität verbessert – und das nach nur vier Sitzungen“, betonte Prof. Dr. Nicolas Rüsch, Leiter der Sektion Public Mental Health, in seinem Vortrag. „Das Programm bietet einen sicheren Rahmen, in dem Betroffene lernen können, mit dem Thema Offenlegung ihrer Erkrankung selbstbestimmt umzugehen und ihre eigene Geschichte zu erzählen, wenn sie das möchten.“
Neben der Wirkung auf Teilnehmende bezieht die Studie auch Perspektiven von Fachkräften mit ein – ein wichtiger Schritt, um IWS langfristig in Versorgungskontexte zu integrieren. „Unsere Ergebnisse zeigen: Themen wie Stigmatisierung und Offenlegung spielen im Berufsalltag eine große Rolle, werden aber bisher kaum systematisch aufgegriffen“, erklärte Franziska Marek, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Studie. „Fachkräfte schätzen an IWS besonders den niedrigschwelligen Zugang und die gute Begleitung - unter der Voraussetzung, dass es ausreichend Sichtbarkeit, etablierte Kooperationen und lokal passende Strukturen gibt“, betonte Carolin Knoke, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin der Studie EI-IWS.
Ein Highlight des Aktionstags waren die Impulsvorträge von erfahrenen Peergruppenleiterinnen und -leitern, die eindrucksvoll schilderten, wie das Programm ihr eigenes Leben und das ihrer Gruppenteilnehmenden positiv beeinflusst hat. Auch internationale Expertise kam dabei zu Wort: Prof. Patrick Corrigan (Illinois Institute of Technology, Chicago) bereicherte die Veranstaltung mit einer Keynote zum Thema „Honest, Open, Proud – Hope and Recovery“ (engl. für ‚In Würde zu sich stehen‘ - IWS).
In Workshops zu den Themen Netzwerkaufbau, Öffentlichkeitsarbeit und nachhaltiger Verankerung von IWS wurden gemeinsam mit Teilnehmenden aus Wissenschaft, Praxis und Betroffenenorganisationen konkrete Strategien erarbeitet, um das Programm langfristig in der regionalen Versorgung zu verankern. „Wir sind überzeugt, dass Programme wie IWS einen bedeutenden Beitrag zur Entstigmatisierung leisten können – und das weit über die Peergruppen hinaus. Durch unsere Arbeit möchten wir dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und ein offeneres, verständnisvolleres Miteinander zu fördern. Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, eine Gesellschaft zu schaffen, in der jeder Mensch respektiert und unterstützt wird. Eine Welt, in der jeder Mensch in Würde zu sich steht“, betonte Claudia Schulz vom IWS-Projektteam.
Informationsstände regionaler Organisationen wie dem Krisendienst Bayern, dem Caritasverband Günzburg/Neu-Ulm, der Diakonie Neu-Ulm, dem EX-IN und Recovery College Stuttgart sowie dem Selbsthilfebüro Korn in Ulm bereicherten das vielfältige Programm und luden zur Vernetzung ein.
Das IWS-Programm wird noch bis Jahresende im Rahmen der vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Studie EI-IWS evaluiert und aktuell in mehreren Regionen implementiert. Interessierte finden weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten online unter iwsprogramm.org. Die Veranstalter danken allen Mitwirkenden und Teilnehmenden ganz herzlich für ihr großes Engagement und freuen sich auf die nächsten Schritte hin zu einer nachhaltigen Etablierung von IWS in der Praxis.