Kinderschutz in der Medizin

Dr. Ulrike Hoffmann von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie mit Kroschke Forschungspreis ausgezeichnet

Für die Entwicklung von Schutzkonzepten in medizinischen Einrichtungen erhält Dr. Ulrike Hoffmann von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm (UKU) den Kroschke Forschungspreis für Kinderschutz in der Medizin. Der Preis ist mit 7.500 Euro dotiert und wird von der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin vergeben.

(Sexualisierte) Gewalt und Grenzverletzungen gegen Patient*innen gehören zu den sensiblen Themen, mit denen sich medizinische Einrichtungen auseinandersetzen und zu denen sie Schutzkonzepte entwickeln müssen. Dies ist seit 2020 durch eine Änderung in der Qualitätsmanagement-Richtlinie des G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) für Krankenhäuser verbindlich vorgeschrieben.

Aber wie häufig sind solche Gewaltvorkommnisse und wie können Schutzkonzepte spezifiziert für den medizinischen Bereich gestaltet werden? Damit hat sich Dr. Hoffmann in ihrem Habilitationsvorhaben beschäftigt. Eine bevölkerungsrepräsentative Befragung zeigte dabei, dass die Prävalenzen für alle Formen von Gewalt in Krankenhäusern hoch sind. So betrug in dieser Untersuchung die Prävalenz für sexuellen Missbrauch für Kinderkliniken 0,7 Prozent und für die Kinder- und Jugendpsychiatrie 7,3 Prozent, was diese nochmal als ganz spezifisch gefährdetes Feld ausweist. Krankenhäuser als gefahrgeneigte Bereiche für Gewalt werden auch immer wieder durch Skandalfälle unterstrichen, wie jüngst der Fall eines Arztes in Frankreich, der fast 300 Kinder im Kontext seiner ärztlichen Tätigkeit sexuell missbraucht hat. Ausgehend von den allgemeinen Vorgaben zu Schutzkonzepten aus der Fachliteratur erarbeitete Frau Dr. Hoffmann gemeinsam mit Kolleg*innen Hinweise zur Umsetzung von Schutzkonzepten in der Praxis. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Identifizierung von Risikofaktoren und -situationen für Übergriffe im medizinischen Kontext. „Zentral ist eine Entwicklung eines Schutzkonzeptes, welches einerseits darauf fokussiert ist, dass medizinische Einrichtungen Orte des Schutzes sind, in denen Gewalt nicht toleriert wird. Andererseits müssen medizinische Einrichtungen aber auch Kompetenzorte sein, in denen Gewaltbetroffene bestmöglich versorgt werden. Schutzkonzepte müssen beide Perspektiven in den Blick nehmen“, so Dr. Hoffmann.

Neben der theoretischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung kommt es auch maßgeblich auf die Umsetzung an. Aus diesem Grund beschäftigte sich Frau Dr. Hoffmann zudem mit der Frage, wie Fachkräfte durch moderne Fortbildungsangebote bei der Umsetzung von Schutzkonzepten in der Praxis unterstützt werden können. Die E-Learning-Programme zum Kinderschutz und zu Schutzkonzepten am Kompetenzzentrum Kinderschutz in der Medizin in Baden-Württemberg in Ulm konnten als eines der wenigen kontinuierlich zugänglichen Fort- und Weiterbildungsangebote während und nach der Corona-Pandemie über 54.000 Fachkräfte in ausführlichen und von der Ärztekammer Baden-Württemberg zertifizierten Online-Kursen fortbilden.

Im Rahmen der kontinuierlichen Evaluation dieser Programme aus dem von Dr. Hoffmann geleiteten E-Learning-Bereich zeigte sich, dass nach wie vor in der Praxis ein hoher Fortbildungsbedarf besteht und das Problembewusstsein für Kliniken als gefahrgeneigte Bereiche für Gewalt gegen Patient*innen vielfach noch unzureichend ausgebildet ist. E-Learning kann hier unterstützen, viele Fachkräfte in kurzer Zeit kostengünstig fortzubilden. Das derzeit noch laufende Projekt mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft bietet allen Mitarbeitenden an Mitgliedskrankenhäusern der Deutschen Krankenhausgesellschaft derzeit kostenfrei die Möglichkeit zu einem fundierten Einstieg in das Thema.

Für ihre Forschung und Arbeit wurde Dr. Ulrike Hoffmann mit dem Kroschke Forschungspreis für Kinderschutz in der Medizin ausgezeichnet. Dieser wurde 2025 von der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin zum dritten Mal vergeben und wird mit einem Preisgeld von 7.500 Euro belohnt. Preisträger*innen werden so für eine wissenschaftliche Arbeit, die sich mit praktisch-klinischen oder theoretischen Fragen des Kinderschutzes im Gesundheitswesen befasst, geehrt.
„Die Arbeit von Frau Dr. Ulrike Hoffmann beleuchtet ein wichtiges Handlungsfeld für Einrichtungen des Gesundheitswesens. Mit dem E-Learning-Programm besteht ein niedrigschwelliges Angebot, das die notwendigen Handlungskompetenzen vermittelt“, sagt Nadine Weber-Kroschke, Vorständin der Kroschke Kinderstiftung. Die Kroschke Kinderstiftung setzt sich seit mehr als 30 Jahren für chronisch kranke und behinderte Kinder ein und stiftet seit 2022 den Kroschke Forschungspreis für Kinderschutz in der Medizin.

Dr. Ulrike Hoffmann wurde mit dem diesjährigen Kroschke Forschungspreis für Kinderschutz in der Medizin geehrt.