Long Covid und ME/CFS bei Kindern: Minister Manfred Lucha zu Besuch am Universitätsklinikum Ulm

Versorgung verbessern, Forschung stärken – Der Gesundheitsminister informierte sich über das landesweite Projekt MOVE-ME/CFS BW

Im Rahmen seiner Sommertour durch Baden-Württemberg hat Gesundheitsminister Manfred Lucha MdL am Donnerstag (7.  August) die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm (UKU) besucht, um sich über das Projekt MOVE-ME/CFS BW zur Versorgung junger Menschen mit Long Covid und ME/CFS zu informieren.

Die Erkrankung Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) tritt in vielen Fällen nach einer akuten Infektion – etwa einer Grippe oder einer Covid-Erkrankung – auf und kann insbesondere im Kindesalter tiefgreifende Folgen für Gesundheit, Entwicklung und Alltag haben. Im Gespräch mit Vertreter*innen der Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) am UKU und am Universitätsklinikum Freiburg erhielt der Minister umfassende Einblicke in die klinische Versorgung, wissenschaftliche Forschung und strukturellen Herausforderungen bei ME/CFSund Long Covid im Kindes- und Jugendalter.

„Die Berichte von Betroffenen und deren Familien machen auf eindrucksvolle Weise deutlich, wie groß die Herausforderungen und das Leid durch Long Covid und ME/CFS sind“, sagte Minister Manfred Lucha. „Mit dem Projekt MOVE-ME/CFS BW setzen wir ein starkes Zeichen: Wissenschaft, Forschung und Versorgung greifen hier ineinander, um gemeinsam dringend notwendige innovative Lösungen zu entwickeln. Das Land Baden-Württemberg fördert das Projekt mit rund 2 Millionen Euro und übernimmt gemeinsam mit seinen Unikliniken Verantwortung – wir wollen die Versorgung von Betroffenen nachhaltig verbessern, ihnen neue Hoffnung geben und bundesweit Impulse für eine engagierte und vernetzte Gesundheitsversorgung setzen.“

Der Besuch des Ministers in Ulm unterstreicht die große gesellschaftliche und gesundheitspolitische Bedeutung von Long COVID und ME/CFS bei jungen Menschen. Das betonte Prof. Dr. Udo X. Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender am UKU. „Die baden-württembergischen Universitätsklinika engagieren sich stark dafür, hier neue Versorgungswege zu gestalten und wissenschaftliche Erkenntnisse schnell in die klinische Praxis zu bringen – besonders bei komplexen Erkrankungen wie ME/CFS“, hebt er hervor. „Mit MOVE-ME/CFS bauen wir gemeinsam verlässliche Strukturen auf, um insbesondere auch jungen Patientinnen und Patienten eine langfristige Perspektive zu geben.“

Dem pflichtet auch Prof. Dr. Miriam Erlacher, Ärztliche Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Ulm, bei. „Viele dieser jungen Patientinnen und Patienten kämpfen mit massiven Einschränkungen im Alltag. Neben anhaltender Erschöpfung und körperlichen Symptomen erleben sie häufig auch soziale Isolation und schulische Rückschläge“, betonte sie. „Als Universitätsklinikum sehen wir es als unsere Aufgabe, nicht nur medizinisch zu helfen, sondern auch ihre Lebensqualität langfristig zu verbessern. Das gelingt nur im Zusammenspiel verschiedener Fachdisziplinen und mit einem tieferen Verständnis für die Bedürfnisse der Familien – genau das setzt das Projekt MOVE-ME/CFS in vorbildlicher Weise um.“

„Postvirale Erkrankungen, wie zum Beispiel Long Covid bei Kindern und Jugendlichen verlaufen oft anders als bei Erwachsenen“, ergänzt Prof. Dr. Thorsten Langer, Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums des Universitätsklinikums Freiburg und MOVE-ME/CFS-Projektleiter. „Auch bei den Auswirkungen im Alltag gibt es große Unterschiede. Beispielsweise können lange Fehlzeiten in der Schule lebenslange Folgen haben. Deshalb muss sich die Versorgung nach den spezifischen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen richten“, so Prof. Langer weiter. „Darüber hinaus müssen wir mehr über die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen herausfinden, um den jungen Patient*innen gezielt helfen zu können. Mit MOVE-ME/CFS können wir wichtige Versorgungsstrukturen weiterentwickeln und die Krankheit durch gezielte Forschung besser verstehen.“

Beim Termin stellten nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Manfred Hönig, Leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, und Prof. Dr. Sebahattin Cirak, Leiter der Sektion Neuropädiatrie, Stoffwechsel und Sozialpädiatrisches Zentrum am UKU, unter anderem Dr. Karin Storm van's Gravesande aus der Kinder- und Jugendklinik am Universitätsklinikum Freiburg,und Diplom-Psychologin Gaby Hönig das Krankheitsbild aus klinischer und psychologischer Perspektive vor. Unter dem Titel „Wo ist die Not? Was brauchen Patient*innen und Familien“ gingen die beiden dabei sowohl auf die medizinische als auch die psychologische Perspektive des Krankheitsbildes ein. Auch der wissenschaftliche Blick stand im Zentrum: PD Dr. Roland Elling und Dr. Anna Willems vom Universitätsklinikum Freiburg stellten aktuelle Forschungsansätze zu ME/CFS vor.

Ein Schwerpunkt des Austauschs lag – neben der medizinischen Versorgung – auf einem ganzheitlichen Blick auf die Erkrankung ME/CFS bei Kindern und Jugendlichen. Hier arbeiten verschiedene Fachdisziplinen eng zusammen. Über die Versorgung von Patient*innen aller Altersgruppen informierten im Anschluss Vertreter*innen der vier Fachbereiche Allgemeinmedizin, Neurologie, Psychosomatik, sowie Sport-​ und Rehabilitationsmedizin. Auch der Übergang der betroffenen Kinder und Jugendlichen in die Erwachsenenmedizin wurde thematisiert. In einer Diskussionsrunde tauschte sich Minister Lucha mit den Expert*innen zu offenen Bedarfen in der Versorgung aus.

Mit dem Projekt MOVE-ME/CFS ist in Baden-Württemberg ein wichtiger Schritt gelungen, um betroffene Kinder und Jugendliche gezielter zu versorgen und Forschung zu intensivieren. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Universitätskliniken und die Unterstützung durch das Land zeigen, wie essenziell ein koordiniertes und interdisziplinäres Vorgehen bei komplexen postinfektiösen Erkrankungen ist – zum Wohl der jungen Patient*innen heute und in Zukunft.

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Über die Erkrankung

ME/CFS ist eine komplexe, chronische Multisystemerkrankung, die verschiedene Organsysteme betrifft und häufig zu einer starken körperlichen Einschränkung sowie einer deutlich reduzierten Lebensqualität führt. In den meisten Fällen tritt ME/CFS nach einer akuten Infektion auf – etwa nach einer Grippe oder Corona – und kann auch Kinder und Jugendliche betreffen. Typische Symptome sind chronische Erschöpfung, Schlafstörungen, Schmerzen sowie Konzentrationsprobleme. Viele Betroffene können ihren Alltag kaum noch selbstständig bewältigen. Eine ursächliche Therapie existiert derzeit nicht – die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome.

Über das Projekt MOVE-ME/CFS BW

MOVE-ME/CFS BW ist ein interdisziplinäres Forschungs- und Versorgungsprojekt mit dem Ziel, die Behandlungsstrukturen für Kinder und Jugendliche mit ME/CFS in Baden-Württemberg nachhaltig zu verbessern und die wissenschaftliche Erforschung der Erkrankung weiter voranzubringen. Es baut auf dem erfolgreichen Modellprojekt MOVE-COVID BW auf, das an den Universitätskinderkliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm gestartet wurde. Seit 2025 wird das Projekt unter dem neuen Namen weitergeführt. Das Projekt MOVE ME/CFS wird vom Land mit rund 2 Millionen Euro mit einer Laufzeit von 01.03.2025 bis 28.02.2027 gefördert.

Gruppenbild Minister Lucha Sommertour Kinderklinik

Minister Manfred Lucha hat im Rahmen seiner Sommertour die Klinik für Kinder-​ und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm besucht. Dabei informierte er sich bei Vertreter*innen des UKU und des Universitätsklinikums Freiburg über das landesweite Projekt MOVE-ME/CFS BW (Foto: Universitätsklinikum Ulm).

Prof. Dr. Udo X. Kaisers Manfred Lucha

Prof. Dr. Udo X. Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor am UKU (links), und Minister Manfred Lucha im Gespräch mit den Referent*innen. (Foto: Universitätsklinikum Ulm)