Damit Silvester nicht ins Auge geht

Interview mit Dr. Thomas Schäffeler aus der Klinik für Augenheilkunde zu Verletzungen durch Feuerwerkskörper und wie man diese vermeiden kann

Feuerwerk an Silvester? Für viele Menschen ist das Lichterschauspiel in der letzten Nacht des Jahres unverzichtbar. Doch in Laien-Händen können Raketen und Böller schwere und bleibende Verletzungen anrichten. Im Ernstfall sind auch an Silvester die Expert*innen des Universitätsklinikums Ulm zur Stelle. Mit Dr. Thomas Schäffeler aus unserer Klinik für Augenheilkunde haben wir darüber gesprochen, welche Augenverletzungen an und um Silvester besonders häufig behandelt werden und wie Sie sich am besten verhalten, wenn beim „Schießen“ etwas schief oder der Sektkorken ins Auge geht.  

Bei Silvesterverletzungen denken viele erst einmal an zerfetzte Hände. Mit welchen Verletzungen kommen die Menschen zu Ihnen in die Augenklinik und wodurch entstehen diese Verletzungen?
Silvesterverletzung entstehen meist durch Explosion von Knallkörpern oder Aufprall von Raketen. Vorwiegend betroffene Körperregionen sind dabei die Hände, das Gesicht und die Augen. Hier kann es zu Verbrennungen an der Augenoberfläche und an der Lidhaut kommen. Auch die Einsprengung von Fremdkörpern und Augenprellungen sind häufig. In besonders schweren Fällen kann es zu Rissverletzungen der Augenwand kommen und zur Verletzung  von Strukturen im Augeninneren.


Von wie vielen Verletzten sprechen wir ungefähr?
An Silvester der letzten drei Jahre wurden an deutschen Augenkliniken rund 1400 Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper registriert. Die Dunkelziffer ist sicher noch höher. Besonders dramatisch ist der große Anteil (38 Prozent) an Minderjährigen unter den Verletzten. Wobei die Mehrheit dieser Kinder und Jugendlichen gar nicht selbst den Feuerwerkskörper gezündet haben.


Nehmen wir an, ich habe beim Zünden einer Rakete Funken ins Auge bekommen. Woran erkenne ich, dass ich einen Augenarzt aufsuchen sollte?
Ein Funke kann als Fremdkörper an Hornhaut oder Bindehaut verbleiben. Betroffene leiden meist unter einem dauerhaften Sandkorngefühl. Solche Fremdkörper sollten innerhalb von ein bis zwei Tagen entfernt werden. Für schwerwiegende Augenverletzungen braucht es in der Regel einen Unfall mit stärkerer Krafteinwirkung bzw. Verbrennung. In solchen gravierenden Fällen bemerkt der oder die Verletzte meist eine deutliche Sehminderung (z.B. Fingerzählen nicht mehr möglich). Dann sollte umgehend der augenärztliche Notdienst aufgesucht werden.


Wie kann ich bei einer Augenverletzung am besten Erste Hilfe leisten? Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden?
Bei Verbrennungen kommt es zu hitzebedingter Schädigung des Gewebes. Daher ist ein frühzeitiges Ausspülen mit einer geeigneten Spüllösung oder auch Leitungswasser wichtig um das Gewebe zu kühlen. Auch manche Fremdkörperpartikel können so entfernt werden. Bei schwersten Verletzungen, bei denen womöglich das Augeninnere eröffnet ist, sollte wenig manipuliert werden. Hier ist bei geschlossenem Auge oder sterilem Augenverband ein Transport zum augenärztlichen Notdienst erforderlich.


Was kann ich tun, um Augenverletzungen in der Silvesternacht zu vermeiden?  
Das Meiden von Orten, an denen Privatpersonen Feuerwerkskörper abfeuern, bietet sicherlich den besten Schutz. Die Wirkung von Alkohol und anderen Drogen erhöht das Risiko hingegen. Rauschmittel führen dazu, dass die erforderlichen Abstände nicht mehr eingehalten werden und Schutzreflexe ausbleiben. Das Tragen von Schutzbrillen schützt bis zu einem gewissen Maße. Durch Sektkorken kommt es in der Tat auch häufiger zu schweren Augenverletzungen. Eine Sektflasche sollte daher mit entsprechender Sorgfalt geöffnet werden, damit es ein gelungenes Fest bleibt.

 

Dr. Thomas Schäffeler ist Oberarzt an der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Ulm.