Die Urtikariasprechstunde ist Anlaufstelle für alle Patienten mit akuter und chronischer Urtikaria beziehungsweise Angioödem gleich welcher Ursache. Sie ist somit mit nahezu allen anderen ambulanten Funktionsbereichen und der Bettenstation unserer Hautklinik vernetzt. Wir bemühen uns, möglichst alle Patienten mit diesem Krankheitsbild, die in unserer Klinik untersucht und behandelt werden, zu erfassen und über unsere Urtikaria-Sprechstunde zu betreuen.

Der Begriff Urtikaria ist gleichbedeutend mit Nesselsucht. Die Urtikaria ist eine sehr häufige Hauterkrankung und kann in eine akute (< 6 Wochen andauernd) und in eine chronische (> 6 Wochen andauernd) eingeteilt werden.

Sie äußert sich in einem häufig stark juckenden Ausschlag mit meist roten, aber auch blassen Quaddeln unterschiedlicher Größe und Anordnung ("als ob man in eine Brennessel gegriffen hätte"). Die Quaddel kommt durch eine zu hohe Durchlässigkeit der Hautgefäße zustande, mit der Folge einer Flüssigkeitsansammlung in der Haut. Ursache für diese Reaktion ist die Ausschüttung von verschiedenen Entzündungsstoffen, wie Histamin, Heparin, Serotonin, Hyaluronsäure und Lipidmediatoren aus den Mastzellen. Mastzellen sind in der Haut vorkommende weiße Blutkörperchen, die in großer Menge auch in anderen Organen, wie etwa in Lunge und Darm vorkommen. Mastzellen sind ein Teil der körpereigenen Abwehr. Die von ihnen produzierten Botenstoffe sind normalerweise im Rahmen der als Verteidigung gegen eingedrungene Erreger gestarteten Entzündungsreaktion des Körpers hilfreich. Bei der Urtikaria liegt jedoch aus bisher nicht bekanntem Grund eine Fehlregulation vor, und die Botenstoffe der Mastzellen werden übermäßig freigesetzt. Hierdurch kommt es zu Juckreiz und Hautrötung sowie der für die Urtikaria so typischen Quaddelbildung.

Auslösende Ursachen, aber auch unterhaltende Faktoren für eine Urtikaria gibt es sehr viele. Gerade darin liegt eine große Schwierigkeit, weil Arzt und Patient oft die „Nadel im Heuhaufen“ suchen. Einige häuf

  • Unverträglichkeitsreaktionen auf bestimmte Arzneimittel, Nahrungsstoffe oder darin enthaltene Zusätze (Pseudoallergene)
  • physikalische Faktoren wie Wärme, Kälte oder Druck
  •   Chronische Infektionen
  • Autoimmunerkrankungen

Weiterhin können hormonelle Störungen, psychische Faktoren und Stress eine Rolle spielen, diese sind aber schwer mess- und damit nicht immer fassbar.

Um nun die ganze Bandbreite der möglichen Auslöser abzuklären, bedarf es ausführlicher Befragungen und dann im Einzelfall gezielter nachfolgender Untersuchungen. Hierbei kommen gegebenenfalls auch spezielle Diätpläne zum Einsatz. Leider lassen sich durch diese intensiven Maßnahmen der Diagnostik längst nicht in allen Fällen konkrete Ursachen der Urtikaria festlegen, so dass eine kausale Therapie oft nicht möglich ist.

Wenn eine Ursache für die Urtikaria gefunden wurde, ist diese natürlich zu meiden beziehungsweise zu beseitigen. Leider ist in vielen Fällen die Ursache nicht auffindbar. Die Therapie ist deshalb auf eine Linderung der Symptome ausgerichtet. Für jeden Patienten benötigt man hier einen individuell zusammengestellten Behandlungsplan, der in den meisten Fällen auf dem gezielten Einsatz moderner Antihistaminika wie Zyrtec®, Aerius®, Xusal®, Telfast® und anderen basiert. Unterstützend wirken lokale Maßnahmen zur Verbesserung der Hautbarriere und physikalischen Linderung der Beschwerden, wie etwa durch feuchte Umschläge. Bei starkem Schub kommen auch kurzfristig Injektionen und Infusionen mit kortisonhaltigen Medikamenten in die Vene zum Einsatz. Ist der akute Schub vorerst abgebremst, geht man wieder auf Tabletten über und versucht schrittweise die Dosis zu reduzieren.

Patienten, bei denen ein akuter Schub der Urtikaria schon einmal mit Lippenschwellungen oder Zungenschwellungen, beziehungsweise Atemnot einherging, bekommen zusätzlich eine Kombination von Medikamenten für den Notfall (Notfallset) rezeptiert. Dieses besteht aus einem Antihistaminikum, einer Trinkflasche eines kortisonhaltigen Medikamentes und eines adrenalinhaltigen Dosieraerosols.

Der genaue Gebrauch dieses "Sets" wird mit dem Patienten jeweils bei Verordnung eingehend besprochen.

Bei dem Angioödem, oder auch Quincke-Ödem genannten Krankheitsbild handelt es sich um Anfälle von akut auftretenden, bis zu 3 Tagen anhaltenden, umschriebenen Schwellungen der tiefen Hautschichten. Betroffen sind vor allem das Gesicht, Hände, Füße und der Genitalbereich. Es kann oft zu grotesken Entstellungen kommen. Auch eine Schwellung der Darmwand ist möglich und zeigt sich oft durch Bauchkrämpfe und Durchfälle. Werden die oberen Luftwege mitbetroffen, besteht Lebensgefahr.

Das Ursachenspektrum ist groß, ein Angioödem kann beispielsweise Ausdruck einer Unverträglichkeitsreaktion oder aber auch eine vererbbare Krankheit basierend auf dem Mangel eines Bluteiweißfaktors (C1-Esteraseinhibitor) sein.
Daher ist zur Abklärung vor allem die genaue Krankengeschichte wichtig, beispielsweise familiäre Vorbelastung, direkter Zusammenhang mit Einnahme von Medikamenten, Nahrungsmitteln, bereits bestehende Krankheiten, chronische oder akute Infekte und andere. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Entstehungsmöglichkeiten müssen im Einzelfall gezielte Untersuchungen durchgeführt werden.

Ein Quincke-Ödem kann relativ rasch durch Anschwellung des Kehlkopfes lebensbedrohlich werden. Rufen Sie deshalb möglichst rasch einen Notarzt und suchen Sie so schnell es geht eine Klinik auf. Meistens ist die Situation durch gezielte Gabe von Notfallmedikamenten rasch zu bessern, in schwersten Fällen kann jedoch auch ein Luftröhrenschnitt nötig werden. Patienten, die ein Angioödem gehabt haben, benötigen die Verordnung eines "Notfallsets", dessen Gebrauch dem Betroffenen bei Verschreibung genau erklärt wird. Eine Sonderstellung nimmt das genetisch bedingte Angioödem ein, bei dem die entscheidende Maßnahme im akuten Notfall die Gabe des fehlenden Bluteiweißfaktors ist.

Wir tragen die Untersuchungsergebnisse aller beteiligten Abteilungen zusammen und können so das diagnostische Vorgehen gezielt erweitern.
Durch eine regelmäßige Nachsorge und Betreuung ist die gerade bei dieser Krankheit notwendige und schwierige Detektivarbeit zu leisten.
Gemeinsam mit uns kann so die individuelle Krankheitsgeschichte im Verlauf genau recherchiert werden.
Die notwendige medikamentöse Behandlung kann so jeweils individuell auf den einzelnen Patienten zugeschnitten werden.
Sowohl bei Diagnostik, als auch Therapie besteht so durch uns für den Patienten eine Schnittstelle zu möglichen neuen Erkenntnissen aus der klinischen und theoretischen Forschung.

Patienten mit Urtikaria (Quaddelsucht, Schwellungen, die spontan auftreten und verschwinden) stellen sich in der Regel beim ersten Besuch der Hautklinik in der Hochschulambulanz vor. Dort wird zunächst die Krankengeschichte besprochen, die Haut untersucht, und es werden Laboruntersuchungen durchgeführt. Die Ärzte der Privatsprechstunde oder der Hochschulambulanz überweisen dann intern weiter in die Allergieabteilung und die Urtikaria Sprechstunde. Bei Patienten, die stationär aufgenommen werden mußten, erfolgt die Terminvereinbarung zur Weiterbetreuung durch die Urtikariasprechstunde am Ende des stationären Aufenthaltes.