Für ihre Forschung, die wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Diagnostik von Adipositas liefert, wurde Dr. Stephanie Brandt-Heunemann von der Sektion für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm mit dem renommierten nationalen Jürgen-Bierich-Preis ausgezeichnet.
Der Preis würdigt jährlich die beste klinische Arbeit auf dem Gebiet der Kinderendokrinologie und -diabetologie und wird im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische und adoleszente Endokrinologie und Diabetologie (DGPAED) vergeben. Mit der Verleihung an Dr. Brandt-Heunemann wird die hohe Zukunftsrelevanz ihrer Forschungsarbeit besonders hervorgehoben.
Neu entwickelte Referenzwerte schließen jahrzehntelange diagnostische Lücke
Die prämierte Arbeit schließt erstmals eine zentrale diagnostische Lücke und ermöglicht ein besseres Verständnis von Adipositas. Gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam hat Dr. Brandt-Heunemann umfassende Referenzwerte für das Hormon Leptin über die gesamte Lebensspanne entwickelt – vom Säuglingsalter bis ins hohe Erwachsenenalter und über alle Gewichtskategorien hinweg.
Leptin ist zentrales Schlüsselhormon der Hunger- und Sättigungsregulation. Es wird vor allem im Fettgewebe gebildet und signalisiert dem Gehirn den Energiezustand des Körpers. Bei zu niedrigen Leptinspiegeln steigt das Hungergefühl, wodurch die Kontrolle über die Nahrungsaufnahme erschwert wird. Dieser Mechanismus ist besonders bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Adipositas relevant. „Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die unter anderem durch Veränderungen des Hunger- und Sättigungssystems verursacht wird“, erklärt Prof. Dr. med. Martin Wabitsch vom Universitätsklinikum Ulm.
In spezialisierten Ambulanzen wird daher routinemäßig die Leptinkonzentration im Blut gemessen. Fehlt ein nachweisbarer Wert, muss eine genetische Ursache wie ein angeborener Leptinmangel ausgeschlossen werden. „Um Leptinwerte richtig einordnen zu können, benötigen wir Referenzwerte für alle Altersgruppen und BMI-Bereiche – von Normalgewicht bis Adipositas“, so Wabitsch. „Solche umfassenden Referenzwerte fehlten bisher“, ergänzt Dr. Stephanie Brandt-Heunemann.
Datengrundlage: über 12.500 Personen aus drei Ländern
In einer groß angelegten Forschungskooperation am Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit (DZKJ) wurden unter Leitung von Dr. Stephanie Brandt-Heunemann (Ulm), Dr. Mandy Vogel (Leipzig) und Prof. Dr. Martin Wabitsch (Ulm) Daten von mehr als 12.500 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus Deutschland, den Niederlanden und Dänemark ausgewertet.
Das Ergebnis: Erstmals existieren alters-, geschlechts-, pubertäts- und BMI-spezifische Referenzwerte für Leptin.
Diese ermöglichen:
- eine präzise individuelle Bewertung des Leptinspiegels,
- die zuverlässige Diagnose genetischer Leptinmangel-Syndrome,
- neue Erkenntnisse zu Leptinresistenz und relativen Leptinmangel,
- und eine strukturierte Begleitung vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter.
„Die Arbeit von Dr. Brandt-Heunemann setzt einen neuen Meilenstein in der Diagnostik von Adipositas. Sie verbindet wissenschaftliche Exzellenz mit praktischer klinischer Relevanz und zeigt, wie translationale Forschung direkt zur Verbesserung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen beitragen kann“, betont Prof. Wabitsch.
„Eine Auszeichnung für das gesamte Team – und ein Ansporn für die weitere Forschung“
Dr. Brandt-Heunemann betont die Teamleistung hinter dem Projekt: „Diese Auszeichnung zeigt, wie wichtig es ist, große Datenmengen zusammenzuführen und gemeinsam zu denken – über Standorte, Disziplinen und Länder hinweg. Die neuen Referenzwerte geben uns ein Instrument an die Hand, das Diagnostik, Forschung und Versorgung nachhaltig verbessern wird.“
DZKJ: Translationale Forschung mit nachhaltiger Wirkung
Das Projekt ist beispielhaft für den Ansatz des Deutschen Zentrums für Kinder- und Jugendgesundheit: translationale Wissenschaft, die die Versorgung über die gesamte Lebensspanne verbessert. Die neuen Leptin-Referenzwerte unterstützen nicht nur die Diagnostik in kinder- und jugendmedizinischen Spezialambulanzen, sondern schließen die bisherige Lücke beim Übergang in die Erwachsenenmedizin – ein zentraler Anspruch des DZKJ.
