Innovatives familienzentriertes Versorgungskonzept für Kinder und Jugendliche mit Typ-2-Diabetes ausgezeichnet

Renommierter Leonard-Thompson-Preis 2025 geht an Dr. Nicole Prinz vom Universitätsklinikum Ulm

Die Deutsche Gesellschaft für pädiatrische und adoleszente Endokrinologie und Diabetologie (DGPAED) hat Dr. Nicole Prinz von der Sektion für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie des Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm mit dem renommierten Leonard-Thompson-Preis 2025 ausgezeichnet. Die Auszeichnung, dotiert mit 8.000 Euro, würdigt herausragende wissenschaftliche Projekte, die die Versorgung junger Menschen mit Diabetes nachhaltig verbessern. Die Preisverleihung fand im Rahmen der Jahrestagung der DGPAED statt.

Vorarbeit legt offen: Typ-2-Diabetes im Kindes- und Jugendalter ist eine soziale, psychosoziale und medizinische Herausforderung zugleich

Bestehende Versorgungskonzepte werden den komplexen Bedarfen junger Menschen mit Typ-2-Diabetes häufig nicht oder nicht ausreichend gerecht. Die Therapieadhärenz ist im Vergleich zu Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes im Kindes- und Jugendalter noch geringer. In ihrer Vorarbeit konnte Dr. Prinz gemeinsam mit dem Diabetesteam Herausforderungen identifizieren, mit denen Kinder und Jugendliche mit Typ-2-Diabetes häufig konfrontiert sind und die zu Barrieren beim Erreichen der Therapieziele beitragen können. Die Daten zeichnen ein deutliches Bild:

  • ein hoher Anteil komplexer sozialer Lebenssituationen,
  • zahlreiche gesundheitliche Begleiterkrankungen wie Adipositas, Bluthochdruck, Dyslipidämie, Fettleber oder psychische Erkrankungen,
  • und häufig fehlende familiäre Unterstützung.

In der untersuchten Kohorte zeigen sich die Herausforderungen bereits zu Diabetesbeginn besonders deutlich: 79% der Kinder und Jugendlichen hatten einen Migrationshintergrund, 63% besuchten eine Haupt- oder Förderschule, 79% lebten in belasteten Familienstrukturen. Gleichzeitig war bei vielen Kindern und Jugendlichen die Unterstützung durch eine primäre Bezugsperson bei Erstvorstellung nur eingeschränkt verfügbar.

Die Ergebnisse machen klar: juveniler Typ-2-Diabetes ist weit mehr als eine Stoffwechselerkrankung – er ist eng verknüpft mit sozialen, psychosozialen und gesundheitlichen Belastungsfaktoren. Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes muss daher dringend neu gedacht werden.

Ulmer Team entwickelt neues, familienzentriertes Versorgungskonzept

Als Antwort auf diese komplexen Herausforderungen entwickelte das Ulmer Team ein multimodales, strukturiertes, familienzentriertes und leitlinienkonformes Versorgungskonzept, das seit Juni 2024 umgesetzt wird. Es wurde speziell darauf ausgerichtet, Barrieren in der Therapieadhärenz abzubauen und die Versorgung nachhaltig zu verbessern.

Kernelemente des Modells sind:

  • spezialisierte, interdisziplinäre Typ-2-Diabetes-Sprechstunde für Kinder und Jugendliche sowie deren Familien,
  • kombinierte, zeitlich aufeinander abgestimmte Termine für diabetologische Betreuung, Lebensstiloptimierung und psychosoziale Unterstützung – alles an einem Tag,
  • bedarfsgerechte Einbindung weiterer Fachdisziplinen,
  • fallbezogenes Case-Management zur engen Koordination der Versorgung.

„Wir möchten jungen Menschen mit Typ-2-Diabetes eine ganzheitliche, kontinuierliche, eng abgestimmte, leitlinienkonforme Betreuung bieten – gemeinsam mit ihren Familien“, erklärt Dr. Prinz. „Unser Ziel ist es, Therapieadhärenz, Selbstmanagement und Empowerment zu stärken und damit langfristig die Lebensqualität zu verbessern“, ergänzt Prof. Dr. med. Christian Denzer von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKU ..

Auszeichnung stärkt Weiterentwicklung des Versorgungskonzepts und würdigt Pionierarbeit des gesamten Teams

Der Leonard-Thompson-Preis würdigt nicht nur die wissenschaftliche Bedeutung des Projekts, sondern auch die herausragende, multidisziplinäre Teamarbeit bei der Umsetzung des Ulmer Versorgungskonzepts im Praxisalltag. „Mit der Entscheidung für das Ulmer Versorgungskonzept für Kinder und Jugendliche mit Typ-2-Diabetes setzt die DGPAED ein starkes Signal: Forschung und Versorgungspraxis müssen Hand in Hand gehen“, betont Prof. Denzer. „Gerade angesichts der wachsenden Zahl junger Menschen mit Typ-2-Diabetes und der komplexen psychosozialen Rahmenbedingungen sind innovative, interdisziplinäre und patientenorientierte Konzepte unverzichtbar.“

Die finanzielle Unterstützung soll dazu beitragen, das Ulmer Modellprojekt weiter zu etablieren, seine Wirksamkeit systematisch zu evaluieren und langfristig als strukturierten Standard in der pädiatrischen Diabetologie zu implementieren.

Dr. Nicole Prinz (Mitte) erhält den Leonard-Thompson-Preis 2025 der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische und adoleszente Endokrinologie und Diabetologie (DGPAED) für ihr innovatives Versorgungskonzept zur Verbesserung der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes. (Foto: DGPAED)