Leistungsspektrum

Neurochirurgische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter unterscheiden sich teilweise ganz erheblich von denen des Erwachsenen. So hat sich die "Pädiatrische Neurochirurgie" zunehmend als eine eigenständige Subspezialität im Neurochirurgischen Fachgebiet entwickelt. An der Neurochirurgischen Klinik des Uniklinikums Ulm wurde deshalb die Sektion Pädiatrische Neurochirurgie unter der Leitung von Frau Professor Peraud eingerichtet.

Am Uniklinikum Ulm mit den Standorten in der Kinderklinik am Michelsberg und im Chirurgischen Zentrum am Oberen Eselsberg werden Operationen bei kindlichen Gehirn- und Rückenmarkstumoren und Fehlbildungen (Spaltbildungen im Bereich des Schädels oder der Wirbelsäule), Traumen, Epilepsie, Hydrocephalus, Gefäßmißbildungen, Kraniosynostosen (vorzeitiger Nahtschluss einer oder mehrerer Schädelnähte) und Spastik durchgeführt. Modernste neurochirurgische Operationsmethoden (Neuronavigation, Minimal Invasive Neurochirurgie, Neuromonitoring, Endoskopie etc.) kommen dabei zur Anwendung. Während des stationären Aufenthaltes werden die Kinder auf der interdisziplinären Kinderstation G4 am Oberen Eselsberg sowie auf der KKCH und der KK2+KK3 in der Kinderklinik am Michelsberg betreut.

Das Team der Pädiatrischen Neurochirurgie kann auf eine langjährige Erfahrung in der Behandlung von kindlichen Hirntumoren auch in schwieriger Lokalisation in interdisziplinärer Zusammenarbeit zurückblicken. Die onkologische Nachbehandlung erfolgt in der Abteilung von Frau Prof. Erlacher in der Kinderklinik am Michelsberg. Kindliche Tumore der Schädelbasis oder im Bereich der Orbita werden in Kooperation mit den Kollegen der Klinik für Hals-Nasen-Ohren Heilkunde (Herr Prof. Dr. Hoffmann) oder der Augenklinik (Herr Prof. Dr. Wolf) operiert. Operationen von Kraniosynosthosen erfolgen teilweiser im Team mit den Mund-Kiefer-Geschichtschirurgen (Prof. Dr. Schramm). 
Kinder mit Spina bifida erfordern eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kinderneurologen (im SPZ mit Prof. Dr. Cirak), Kinderorthopäden, Kinderurologen (Frau Prof. Dr. Ebert) und Physiotherapeuten. Die pränatale Betreuung wird durch die Kooperation mit den Kollegen der Gynäkologie (Prof. Dr. Janni) und der Pränatalmedizin (Frau Prof. Dr. Friebe-Hoffmann und Dr. K. Lato) gewährleistet. Die postnatale Betreuung erfolgt Hand in Hand mit den Kollegen der Neonatologie, Kinderklinik (Prof. Dr. Ehrhardt). 
Die optimale Versorgung von Kindern nach Unfällen oder Verletzungen erfolgt in enger Kooperation mit den traumatologischen Kollegen unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Gebhard.
Es hat sich eine erfolgreiche Kooperation mit den Kollegen der Kinderchirurgie und der Kinderurologie entwickelt. Dort werden Kinder mit urogenitalen und anorektalen Fehlbildungen frühzeitig auf zusätzliche neurologische Fehlbildungen (Spina bifida occulta) untersucht und gescreent. 
Die vorhandene neurochirurgische Behandlung kann nur mit präzisen radiologischen Befunden erbracht werden. Die Radiologie der Uniklinik Ulm am Standort Michelsberg und Oberer Eselsberg ermöglicht qualitativ hochwertige Bilder (MRT, CT, Sonographie), sowohl in Narkose als auch bei Kleinkindern ohne Sedierung.
Die Uniklinik Ulm bietet unseren Patienten zusätzlich eine intensivmedizinische Betreuung, sowohl für planmäßige Operationen als auch im Rahmen der Notfallversorgung. Die optimale Versorgung von Kindern erfolgt durch eine enge Kooperation verschiedener Fachkompetenzen (Neurochirurgie, Pädiatrie, Anästhesie, Radiologie). Die Kinderintensivstation am Standort Michelsberg (Leitung: Prof. Dr. Ehrhardt) und die Intensivstation am Standort Oberer Eselsberg (Leitung: Frau Prof. Dr. Jungwirth) ermöglichen uns die Versorgung unserer kleinen und großen Patienten.

Krankheitsbilder

Tumoren des zentralen Nervensystems sind die häufigsten soliden Tumorerkrankungen im Kindesalter. In Deutschland treten jährlich etwa 320 Neuerkrankungen auf. Am häufigsten finden sich niedriggradige infratentorielle Astrozytome (etwa 30 %), Medulloblastome (etwa 20 %) sowie Ependymome. Seltener werden supratentorielle Gliome oder Ependymome diagnostiziert.

Die operative Tumorentfernung stellt – mit wenigen Ausnahmen, wie bei Gliomen der Sehbahn oder Germinomen – die zentrale Behandlungsmaßnahme dar. Ergänzend kann eine Strahlen- und/oder Chemotherapie erforderlich sein. Durch Fortschritte in der Mikrochirurgie, der Bildgebung und der adjuvanten Therapien konnten in den letzten Jahrzehnten sowohl die Überlebensraten als auch die Lebensqualität betroffener Kinder deutlich verbessert werden.
 

Spinale Fehlbildungen oder Dysraphien sind heute dank moderner pränataler Diagnostik und Prävention selten geworden. Das Spektrum reicht von klinisch harmlosen Spaltbildungen an der Wirbelsäule oder des Schädels über die Meningo- und/oder Myelomeningozele bis hin zum offenen Rückenmarkskanal. Der Zeitpunkt der operativen Versorgung und das ideale Verfahren hängen von der Art der Fehlbildung (die offene MMC erfordert einen operativen Verschluss in den ersten Lebenstagen) und von der klinischen Beschwerdesymptomatik ab. Bei geschlossenen Dysraphien kann sich während des kindlichen Wachstums durch einen vermehrten Zug (tethering) des Rückenmarks langsam eine Verschlechterung der Muskelkraft, der Koordination, der Blasen- und Darmentleerungsfunktion oder sogar Schmerzen einstellen. Eine zeitnahe operative Lösung (detethering) des Rückenmarks ist dann indiziert. Deshalb sind regelmäßige klinische Verlaufskontrollen durch ein interdisziplinäres Team bestehend aus Kinderneurologen, Kindernneurochirurgen, Kinderurologen, Kinderorthopäden und Physiotherapeuten sehr wichtig.

Spinale Dysraphien sind häufig mit weiteren Missbildungen des Zentralnervensystems wie dem Chiari Syndrom, einer Syringomyelie oder Hydrocephalus vergesellschaftet. Durch das Tiefertreten der Kleinhirntonsillen (Typ I) oder zusätzlich von Anteilen des Hirnstammes (Typ II) in den oberen Spinalkanal kann es zur Kompression des Hirnstamms, des Kleinhirns und des Rückenmarks und zu entsprechenden Ausfallserscheinungen kommen. Mit der operativ Erweiterung des Foramen magnum werden die komprimierten Strukturen entlastet und somit die Symptomatik gebessert. Assoziierte Höhlenbildungen im Rückenmark (Syrinogomyelie) bilden sich darauf meist zurück.

Durch den vorzeitigen Verschluß einzelner oder mehrerer Schädelnähte kommt es zu charakteristischen Schädeldeformitäten, den sog. Kraniosynostosen. Am häufigsten finden sich prämature Synostosen der Sagittalnaht mit Ausbildung eines länglichen Köpfchens, dem Kahnschädel oder Scaphocephalus. Während die operative Korrektur durch Exzision der vorzeitig verschlossenen Naht hier recht einfach ist (ein endoskopischer oder offener Eingriff ist möglich), sind bei komplizierteren Schädelasymmetrien oder bei Nahtsynostosen im Rahmen von Syndromen recht aufwendige Schädelrekonstruktionen erforderlich. Diese werden in Zusammenarbeit mit Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen vorgenommen. Bei diesen Kindern sind teilweise im späteren Lebensalter weitere operative Eingriffe notwendig.

Ein Hydrocephalus entsteht wenn die Nervenwasser/Liquorproduktion und Resorption in das Blutgefäßsystem nicht in einem ausgewogenen Gleichgewicht stehen (Hydrocephalus malresorptivus) oder wenn der Abfluß des Liquors innerhalb den Ventrikelsystems z. B. durch Verklebungen oder Tumore behindert ist (Hydrocephalus occlusus). Klinisch treten beim Patienten Zeichen des erhöhten intrakraniellen Druckes mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Seh- und Bewusstseinsstörung, Zunahme des Kopfumfanges oder einer gespannten Fontanelle auf. Je nach Ursache und radiologischen Bild beim Vorliegen eines Hydrocephalus kommen unterschiedliche operative Verfahren zur Anwendung. Sofern sich durch die Entfernung einer Raum-forderung in der hinteren Schädelgrube oder im Bereich der Foramina Monroi die Ursache des Verschluß-Hydrocephalus beseitigen läßt, ist in den meisten Fällen keine dauerhafte Liquorableitung (z.B. über ein Schlauch-Ventilsystem/Shunt) notwendig. Bei Abflussbehinderungen in Höhe des Aquäductus mesencephali kann durch eine endoskopische Ventrikulozisternostomie eine Verbindung zwischen inneren und äußeren Liquorräumen geschaffen werden. In den meisten anderen Fällen wird die Implantation eines Shuntsystems (dauerhafte Nervenwasserableitung) notwendig. Zur kontrollierten Liquordrainage wird in das Kathetersystem eine Ventileinheit zwischengeschaltet um den Ablasswiderstand des Nervenwassers den individuellen Bedürfnissen des Patienten anpassen zu können. Idealerweise sollten diese Ventile verstellbar sein, sich aber nicht im MR Scanner in ihrer Einstellung nicht automatisch verändern.

Kinder sind aufgrund ihrer Körperproportionen und –größe sowie ihrer mangelnden Erfahrungen mit Gefahrensituationen besonders anfällig für Verletzungen. Während im Kleinkindalter vor allem Stürze vorkommen sind es im Jugendalter meist Zweiradunfälle oder Sportverletzungen. Das sich noch entwickelnde Gehirn und Rückenmark ist in den ersten Lebensjahren besonders vulnerabel und die negativen Auswirkungen für die weitere motorische und geistige Entwicklung können mitunter ganz erheblich sein. Deshalb ist eine rasche und adäquate Versorgung von Kindern mit Gehirn- und Rückenmarksverletzungen im interdisziplinären Team mit Unfallchirurgen von entscheidender Bedeutung. Als überregionales Traumazentrum inklusive Hubschrauberlandeplatz ist das Universitätsklinikum Ulm durch die permanente Präsenz von kindererfahrenen Neurochirurgen, Anästhesisten, Traumatologen und Intensivmedizinern für die komplexe Versorgung von kindlichen Traumen ausgerichtet.

Epilepsie im Kindesalter bedeutet, dass ein Kind wiederholt Anfälle bekommt, weil bestimmte Bereiche im Gehirn vorübergehend nicht richtig zusammenarbeiten. Diese Anfälle können sehr unterschiedlich aussehen – manche Kinder haben kurze Bewusstseinsaussetzer, andere Zuckungen oder starres Verharren.
Die Ursachen sind vielfältig und reichen von vorübergehenden Entwicklungsbesonderheiten bis hin zu kleinen Veränderungen im Gehirn. Viele Kinder können mit Medikamenten gut behandelt werden und leben weitgehend beschwerdefrei.
Wenn Medikamente die Anfälle nicht ausreichend verhindern können, kann auch eine neurochirurgische Behandlung infrage kommen. Dabei wird je nach Ursache entweder der Bereich im Gehirn, von dem die Anfälle ausgehen, gezielt behandelt oder durch moderne Verfahren wie die Vagusnerv-Stimulation (VNS) oder die tiefe Hirnstimulation (THS) beeinflusst. Diese Verfahren beeinflussen die Gehirnaktivität, um Anfälle zu reduzieren. Das Ziel besteht immer darin, die Anfälle zu verringern oder im besten Fall ganz zu beseitigen und die Lebensqualität des Kindes deutlich zu verbessern. Diese Verfahren beeinflussen die Gehirnaktivität, um Anfälle zu reduzieren. Wenn möglich, wird der epileptische Fokus – also der Bereich im Gehirn, von dem die Anfälle ausgehen – operativ entfernt (reseziert). 
Alle Behandlungsentscheidungen werden individuell getroffen – immer mit dem Ziel, die bestmögliche Lebensqualität und Entwicklung für das betroffene Kind zu erreichen.

Die periphere Nervenchirurgie befasst sich mit der Behandlung von Nerven, die außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegen. Bei Kindern kann es durch Verletzungen, angeborene Fehlbildungen oder nach Operationen zu Nervenschäden kommen. Diese können zu Lähmungen, Gefühlsstörungen oder Schmerzen führen.

Ziel der peripheren Nervenchirurgie ist es, die Funktion der betroffenen Nerven so weit wie möglich wiederherzustellen – zum Beispiel durch das Zusammennähen, Verlegen oder Ersetzen von Nerven. Dadurch können die Funktionen des betroffenen Bewegungsapparats, die Empfindungen und somit auch die Lebensqualität des Kindes verbessert werden.

Die vaskuläre Neurochirurgie befasst sich mit Erkrankungen der Blutgefäße im Gehirn und im Rückenmark. Solche Veränderungen – wie Gefäßmissbildungen (z. B. AV-Malformationen, Kavernomen), Aneurysmen oder Durchblutungsstörungen – können bei Kindern selten auftreten, sind dann aber ernst. Meistens wird die Diagnose aufgrund eines akuten, oft dramatischen Ereignisses wie einer Blutung oder eines Schlaganfalls gestellt. Die Therapie erfordert eine interdisziplinäre Betreuung durch pädiatrische Neurochirurgen, Neuroradiologen und Intensivmediziner. Wir arbeiten deshalb eng mit der Neuroradiologie (Frau PD Dr. Kreiser) zusammen, um eine optimale und rasche Diagnostik und Versorgung zu gewährleisten.

Sprechstunde

Telefon 0731 500 55015

Fax 0731 500 55002

Standort Oberer Eselsberg:
Hochschulambulanz des Chirurgischen Zentrums: Donnerstag 09:00 - 14:00 Uhr
Albert-Einstein-Allee 23, 89081 Ulm

Standort Michelsberg:
Kinderklinik am Michelsberg: Freitag 09:00 - 12:00 Uhr
Eythstr. 24, 89075 Ulm
 

Terminvereinbarung Frau Anita Berger, Sekretariat : 0731 500 55015

Bitte bringen Sie eine Überweisung ihres Arztes für den Termin in der Sprechstunde mit. Für den stationären Aufenthalt wird eine Einweisung benötigt.

Schriftlichen Anfragen / Telefonische Beratung / Video-Konferenz

Gerne können Sie vorab eine Vorstellung per Videokonferenz oder telefonischer Beratung vereinbaren. Ihre Anfrage können Sie uns schriftlich per E-Mail oder per Post zukommen lassen. Wir benötigen dafür sowohl die ärztlichen Befunde als auch die entsprechenden MRT-Bilder (mit QR-Code oder auf CD) sowie eine Überweisung.

Stationäre Behandlung in der pädiatrischen Neurochirurgie

Wir behandeln unsere Patienten sowohl in der Chirurgie am Standort Oberer Eselsberg als auch in der Kinderklinik am Standort Michelsberg.

  • Station CG4 am Standort Oberer Eselsberg
    Kontakt: 0731 500 53340
  • Station KKCH in der Kinderklinik am Standort Michelsberg
    Kontakt: 0731 500 57430
     

Interdisziplinäre Konferenzen

Für komplexe Erkrankungen braucht es interdisziplinäre Expertise. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem onkologische, epileptologische und Dysraphie-Konferenzen erstellt.
Es besteht auch die Möglichkeit, einen externen Patienten im Rahmen einer Zweitmeinung vorzustellen.

Die Anmeldung soll den zuständigen Ärzten per E-Mail mitgeteilt werden. Dafür werden ebenfalls Arztbriefe, radiologische Befunde und die radiologischen Bilder selbst benötigt. Diese sollen ebenfalls mitgeteilt werden. Die radiologischen Bilder können per CD, QR-Code oder über einen Link heruntergeladen werden.

International

Für alle Fragen wenden Sie sich im Vorfeld gerne an unser INTERNATIONAL OFFICE.

Falls Sie weder über deutsche noch englische Sprachkenntnisse verfügen, sollten Sie einen Dolmetscher mitbringen.
Die Kosten für den Besuch in der Kinderklinik können im Vorfeld überwiesen oder vor Ort per Kreditkarte bezahlt werden. Ebenso unterstützen Sie unsere Mitarbeiterinnen gerne bei der Erstellung einer Übersicht der Kosten für einen stationären Aufenthalt.

English

Dear Patients,
please contact the international office for detailed information about consultations or stay in our hospital. They will keep you informed in terms of payment, translators and costs.

Praktika & Hospitationen

Die Kinderneurochirurgie erfreut sich großen Interesses bei Medizinstudenten, Ärzten in Ausbildung und internationalen Kollegen. Um die gewünschten Hospitationen und Praktika für Sie möglichst effektiv zu gestalten, bitten wir um frühzeitige Anmeldung. Wir bitten Sie um Verständnis dafür, dass Datenschutz und Sicherheit unserer Patienten sowie Ihr eigener gesundheitlicher Schutz einen gewissen administrativen Aufwand unvermeidlich machen. Selbstverständlich sind wir Ihnen gerne behilflich bei der Abwicklung der Formalitäten, sowie der Zimmersuche und der Erlangung eines Kurzzeitausweises.

Profilbild von Prof. Dr. med. Aurelia Peraud

Prof. Dr. med. Aurelia Peraud

Sektionsleiterin Pädiatrische Neurochirurgie am Standort Ulm

Profilbild von Dr. med. Marie Schuler-Ortoli

Dr. med. Marie Schuler-Ortoli

Oberärztin am Standort Ulm