Fortschritte in der HCMV-Forschung

Forschende der Universitätskliniken Ulm, Köln und Essen identifizieren vielversprechende Antikörper zur möglichen Behandlung des humanen Cytomegalovirus

Das humane Cytomegalovirus (HCMV) aus der Familie der Herpesviren ist zwar für immungesunde Menschen in der Regel harmlos, es kann aber bei immungeschwächten Personen schwere Erkrankungen verursachen. Bei einer Infektion in der Schwangerschaft kann es außerdem zu Schäden beim ungeborenen Kind führen. Wissenschaftler*innen der Universitätskliniken Ulm (UKU), Köln und Essen haben nun neutralisierende Antikörper gegen das humane Cytomegalovirus identifiziert und breit charakterisiert, woraus sich vielversprechende Optionen für die Vorbeugung und Behandlung von HCMV-Infektionen ergeben. Die Forschungsergebnisse wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Immunity“ veröffentlicht, die zu den Top-Journals der Immunologie zählt.

Impfstoffe gegen HCMV sind derzeit noch nicht verfügbar und die Möglichkeiten zur Behandlung mit Medikamenten sind begrenzt. Wirksame Antikörper-Präparate gegen das Virus wären daher eine erwünschte Behandlungsalternative. Für ihre Studie hat das internationale Forschungsteam, das sich unter anderem aus Wissenschaftler*innen des Instituts für Virologie am UKU und des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Köln zusammensetzt, aus einer Kohorte von 9.000 Blutspender*innen vier der besten „Neutralisierer“ des HCMV identifiziert und die Immunantworten der menschlichen B-Zellen analysiert. „Das heißt, wir haben das Immunsystem von vier Personen genauer untersucht, die besonders effektive Antikörper gegen das HCMV aufgewiesen haben. Dabei fanden wir heraus, dass bestimmte Stellen auf der Oberfläche des Virus besonders anfällig für diese Abwehrstoffe sind. Durch diese Analyse konnten wir neue Angriffspunkte für die Neutralisierung von HCMV auf den Oberflächenproteinen des Virus entdecken“, erklärt Prof. Dr. Christian Sinzger, Forschungsgruppenleiter am Institut für Virologie des UKU und – neben Prof. Dr. Florian Klein, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Köln – Seniorautor der Studie. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm und dem Institut für Virologie spielte bei der Entdeckung dieser vielversprechenden Antikörper eine zentrale Rolle.
Aus einer Vielzahl von Antikörpern haben die Forscher*innen dann diejenigen identifiziert, die hochwirksam gegen alle bekannten HCM-Virusstämme sind. Strukturelle Analysen durch Spezialist*innen der University of Texas in Austin klärten die exakten Bindungsstellen und Neutralisierungsmechanismen dieser Antikörper.
„Die Ergebnisse unserer Studie helfen uns dabei, besser zu verstehen, mit welchen Mechanismen unser Immunsystem das HCMV bekämpft. Sie weisen außerdem auf vielversprechende Abwehrstoffe hin, die zukünftig zur Vorbeugung und Behandlung von HCMV-Infektionen genutzt werden könnten“, sagt Prof. Sinzger.


Publikationshinweis:
Matthias Zehner, Mira Alt, Artem Ashurov, Jory A. Goldsmith, Rebecca Spies, Nina Weiler, Justin Lerma, Lutz Gieselmann, Dagmar Stöhr, Henning Gruell, Eric P. Schultz, Christoph Kreer, Linda Schlachter, Hanna Janicki, Kerstin Laib Sampaio, Cora Stegmann, Michelle D. Nemetchek, Sabrina Dähling, Leon Ullrich, Ulf Dittmer, Oliver Witzke, Manuel Koch, Brent J. Ryckman, Ramin Lotfi, Jason S. McLellan, Adalbert Krawczyk, Christian Sinzger, and Florian Klein. Single-cell analysis of memory B cells from top neutralizers reveals multiple sites of vulnerability within HCMV Trimer and Pentamer
DOI: https://doi.org/10.1016/j.immuni.2023.10.009

 

Prof. Dr. Christian Sinzger (r.) und sein Team (v.l.) Kerstin Laib Sampaio, Dagmar Stöhr und Nina Weiler.

Prof. Dr. Christian Sinzger (r.) und sein Team (v.l.) Kerstin Laib Sampaio, Dagmar Stöhr und Nina Weiler.