Weltnierentag 2019: Nierengesundheit geht alle an

5 Fragen an Prof. Dr. med. Bernd Schröppel, Leiter der Sektion Nephrologie

Die Nieren sind Hochleistungsorgane im Dauereinsatz. In Deutschland haben mindestens zwei Millionen Menschen eine eingeschränkte Nierenfunktion, und somit eine chronische Nierenerkrankung – und wissen oft gar nichts davon. Bei den über über 75-jährigen Menschen besteht bei jedem zweiten eine chronische Nierenerkrankung. Doch Nierenkrankheiten können prinzipiell Menschen aller Altersgruppen treffen. Und die Zahl der Betroffenen steigt stetig.

Am heutigen Weltnierentag sprechen wir mit Professor Dr. med. Bernd Schröppel, Leiter Sektion Nephrologie in der Klinik für Innere Medizin I, über Risiken und Symptome von Nierenerkrankungen und darüber, was jeder tun kann, um seine Nieren zu schützen.

1. Was ist das Ziel des diesjährigen Weltnierentags?

Prof. Schröppel:„Auf der ganzen Welt steigt die Anzahl der Menschen mit Nierenerkrankungen. Mit dem weltweiten Aktionstag wollen wir in diesem Jahr auf diesen Umstand aufmerksam machen und unter anderem auch auf die Bedeutung präventiver Maßnahmen hinweisen. Betroffene und deren Angehörige, Interessierte und Mediziner*innen sollen dabei gleichermaßen angesprochen werden. Für die Ulmer Bevölkerung bieten wir zudem jedes Jahr im Herbst gemeinsam mit den niedergelassenen Nephrologen der Region einen Info-Tag im Stadthaus an. Dieses Jahr findet die Veranstaltung am 28. September unter dem Motto ‚Wie schütze ich meine Nieren‘ statt.“

2. Was ist so tückisch an Nierenerkrankungen?

„In vielen Fällen kommen Nierenerkrankungen schleichend, das heißt, die Betroffenen merken erst relativ spät, dass die Nierenfunktion deutlich beeinträchtigt ist. Dieser Prozess kann sich über Monate oder sogar Jahre hinziehen. Zu Beginn einer chronischen Erkrankung treten selten Schmerzen oder andere auffällige Symptome auf.
Viele wissen aus diesem Grund auch gar nicht, dass ihre Nieren nicht mehr normal arbeiten. In einer Studie war zum Beispiel nur einem Viertel der Studienteilnehmer bekannt, dass ihre Nieren einen Funktionsverlust erlitten hatten. Daher sind zum Beispiel deutschlandweit nur 16 Prozent aller Betroffenen mit chronischen Nierenleiden in ärztlicher Behandlung. Das sind erschreckende Zahlen.
Problematisch ist außerdem, dass Patient*innen mit eingeschränkter Nierenfunktion ein erhöhtes Risiko haben, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln und daran zu versterben.“ Bei gezielter Therapie lässt sich ein Fortschreiten der Nierenerkrankung oft wirkungsvoll verhindern oder verlangsamen.

3. Welches sind typische Risikofaktoren für Nierenerkrankungen?

„Zu den Risikofaktoren und Ursachen für eine Nierenschädigung gehört beispielsweise Übergewicht und daraus resultierende Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck (Hypertonie). Auch die ständige Einnahme von Schmerzmedikamenten wie Ibuprofen oder Diclofenac kann eine Schädigung der Nieren hervorrufen. Nierenerkrankungen können zudem Menschen aller Altersgruppen treffen. Zwar kann mit dem Alter die Leistungsfähigkeit der Nieren allmählich abnehmen, es sollte aber ein Facharzt für Nierenerkrankungen, d.h. ein Nephrologe, konsultiert werden, ob andere und möglicherweise behandelbare Erkrankungen zugrunde liegen.“

4. Wie kann man Nierenerkrankungen dennoch frühzeitig erkennen? Worauf muss man achten?

„Wichtig für ein frühzeitiges Erkennen ist die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung und – im Falle, dass eine verminderte Nierenfunktion festgestellt wird – die Behandlung durch den Nephrologen mit effektiven Medikamenten, um das Fortschreiten einer Nierenerkrankung aufzuhalten oder zumindest zu verlangsamen. Gemeinsam mit den niedergelassenen Nephrologen halten wir ein engmaschiges Netzwerk vor, um Menschen, die ein höheres Risiko haben, eine Nierenerkrankung zu entwickeln, regelmäßig zu untersuchen.
Die Untersuchung, ob die Nieren gesund sind, ist dabei ganz einfach und geschieht über einen Urin- und Bluttest. Ist die Konzentration des Eiweißes Albumin im Urin und/oder des Stoffwechselprodukts Kreatinin im Blut erhöht, deutet das auf eine Erkrankung der Nieren hin. Um den Grad der Einschränkung/Schädigung zu ermitteln, muss zusätzlich die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bestimmt werden. Bei einem jungen Erwachsenen geht man von einem Normalwert der GFR von circa 110 Millilitern pro Minute (ml/min) aus. Von einer deutlichen chronischen Nierenerkrankung spricht man, wenn die GFR länger als drei Monate unter 60 ml/min liegt.“

5. Was kann ich tun, damit meine Nieren gesund bleiben?

„Generell raten wir zu einer gesunden Lebensweise mit viel Bewegung und einer abwechslungsreichen Ernährung, um Übergewicht und dadurch begünstigten Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes vorzubeugen. Verzichten sollte man auf Zigaretten, übermäßigen sowie regelmäßigen Alkoholkonsum und die längere Einnahme von Schmerzmitteln. Gesetzlich Krankenversicherte sollten ab dem 35. Lebensjahr zudem alle zwei Jahre den Basis-Gesundheits-Check bei Ihrem Hausarzt in Anspruch nehmen. “

Über die Sektion
Die Sektion für Nephrologie (Leitung: apl. Prof. Dr. med. Bernd Schröppel) an der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm ist eine anerkannte Schwerpunktklinik für Nierenerkrankungen von Ulm bis zum Bodensee. In der Klinik und in der zugehörigen Hochschulambulanz werden Patient*innen mit verschiedenen  Nierenerkrankungen, Bluthochdruck, sowie Nierentransplantations- und Dialysepatient*innen behandelt. Die Sektion verfügt über umfangreiche Diagnose- und Therapieverfahren, die auf dem neuesten Stand von Forschung und Technik sind. In enger Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen in Ulm und über die Ulmer Grenzen hinaus, setzen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sektion dafür ein, die Möglichkeiten zur Vorbeugung und Therapie permanent zu verbessern.
Weitere Informationen zur Sektion Nephrologie.

Weitere Informationen sind auch auf den Internetseiten der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie zu finden.