Forschungspreis für Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II

Wie psychisch erkrankte Jugendliche lernen, zu sich selbst zu stehen

Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Universität Ulm am Bezirkskrankenhaus (BKH) Günzburg hat gemeinsam mit Kooperationspartnern in Augsburg, Ulm und Ravensburg den 11. Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie 2018 erhalten. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen und ist mit 3500 Euro dotiert. Der Preis wurde am 16. November 2018 in Magdeburg verliehen und zeichnet eine Veröffentlichung aus, die im britischen Journal of Child Psychology and Psychiatry erschien und das Projekt „In Würde zu sich stehen“ für Jugendliche mit psychischen Erkrankungen beschreibt. Neben der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II (Günzburg) waren die Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Ulm, Augsburg und Ravensburg-Weissenau, eine Praxis in Ulm und internationale Kooperationspartner beteiligt.

Viele Menschen mit psychischen Erkrankung erleben Stigmatisierung und Ausgrenzung. Weil psychische Erkrankungen oft nicht sichtbar sind, stehen Betroffene vor der schwierigen Entscheidung, ob und wie sie Anderen von ihrer Erkrankung erzählen sollen. Geheimhaltung kann dabei vor Diskriminierung schützen, ist aber auf Dauer oft sehr belastend. Um Menschen bei dieser Entscheidung zu unterstützen, wurde das aus den USA stammende Gruppenprogramm „In Würde zu sich stehen“ an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II (Günzburg) für Jugendliche mit psychischen Erkrankungen adaptiert.

Unter der Leitung von Professor Dr. Nicolas Rüsch und in Kooperation mit den genannten Partnern wurde das Gruppenprogramm in einer randomisiert-kontrollierten Studie bei 98 Teilnehmern evaluiert. Die Jugendlichen nahmen dabei zusätzlich zu der laufenden kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung an dem Gruppenprogramm teil. Das Besondere daran war, dass die Gruppen neben Psychologen auch von jungen Erwachsenen geleitet wurden, die selbst eine psychische Erkrankung überwunden hatten. In der Studie konnten signifikant positive Effekte des Gruppenprogramms nachgewiesen werden: Im Vergleich zur Kontrollgruppe sank die Belastung durch Stigma-Stress bei Programmteilnehmern. Außerdem verbesserten sich u.a. Lebensqualität, depressive Symptome und die Bereitschaft, bei Bedarf Hilfe in Anspruch zu nehmen, bei Interventionsteilnehmern signifikant.

Das Kooperationsprojekt erhielt den Preis als Anerkennung für die Durchführung und Untersuchung eines innovativen Programms, das Jugendliche bei der Bewältigung ihrer Erkrankung und der oft damit einhergehenden Stigmatisierung unterstützt. Das kompakte Gruppenprogramm erwies sich als wirksam nicht nur im Bereich der Stigma-Bewältigung, sondern führte zu Verbesserungen im Wohlbefinden der Teilnehmer und war dabei kosteneffizient. Hilfe bei Offenlegungsentscheidungen dürfte also ein vielversprechender Ansatz sein, um Jugendliche mit psychischen Erkrankungen zu unterstützen.

Quelle:pixabay