Demenzerkrankungen
Gedächtnisstörungen leichterer bis schwerer Art können mit zunehmendem Alter auftreten. Dies gehört jedoch nicht zwangsläufig zum normalen Altern. Hinter Gedächtnisstörungen können sich viele Ursachen verbergen. Häufig sind sie Anzeichen einer dementiellen Erkrankung. Bei einer dementiellen Erkrankung (‚Demenz’, ‚Hirnleistungsstörung’) treten Störungen der Gedächtnisfunktion auf, die zu einer Beeinträchtigung im alltäglichen Leben führen. Im weiteren Verlauf kann es bei dieser langsam fortschreitenden Erkrankung auch zu Veränderungen der Persönlichkeit und auffälligem Verhalten kommen. Demenzerkrankungen sind nicht selten. Die Häufigkeit in Deutschland liegt bei >10 % der Menschen über 65 Jahre und steigt an auf ca. 30 % in der Altersgruppe über 90 Jahre. Frühformen können bereits ab dem 40. Lebensjahr vorliegen. Aufgrund der sich wandelnden Altersstruktur in Deutschland wird daher die Absolutzahl der hiervon betroffenen Patienten in den nächsten Jahren deutlich zunehmen.
Gedächtnissprechstunde
Seit 1997 besteht an der Neurologischen Poliklinik der Universität Ulm eine Gedächtnissprechstunde. Wir sind eine hochspezialisierte Einrichtung und überregionale Anlaufstelle für alle Patienten, bei denen subjektive oder von Angehörigen bemerkte Gedächtnisstörungen bestehen. Daher haben wir ein interdisziplinäres und multiprofessionelles Team mit langjähriger Expertise auf diesem Gebiet. Wir klären ab, ob diese Gedächtnisstörungen noch altersentsprechend sind, oder ob bereits eine Frühform einer Demenz vorliegt. Eine Frühdiagnostik ist auch deshalb wichtig, damit eine gezielte Therapie begonnen werden kann. So können reversible (umkehrbare) Ursachen erkannt und ursächlich therapiert werden. Bei degenerativen (fortschreitenden) Demenzerkrankungen wurde gezeigt, dass mit den aktuell zur Verfügung stehenden Medikamenten eine Verlangsamung der Krankheitsprozesse erreicht werden kann. Dies heißt auch, dass sich Restfunktionen bei frühem Behandlungsbeginn besser erhalten lassen, wenn erst ein geringer Nervenzelluntergang stattgefunden hat.
Der Untersuchungsablauf beinhaltet ein diagnostisches Gespräch, eine Blutentnahme, eine neurologische Untersuchung, Einbeziehung von Fremduntersuchungen (Bildgebung des Gehirns), sowie eine neuropsychologische Diagnostik und ein ausführliches Gespräch mit den Angehörigen. Des Weiteren führen wir die Bestimmung von Demenzmarkern (Aß1-42 und p-Tau) im Liquor („Nervenwasser“) durch, da dies insbesondere bei der Frühdiagnostik sehr hilfreich ist.
Die Diagnostik beruht auf den S3-Leitlinien Demenz, zu deren Entstehen wir mit beigetragen haben. Im Rahmen wissenschaftlicher Studien unterstützen wir die Erforschung demenzieller Erkrankungen und können so neue vielversprechende Ansätze zugänglich machen. Aktuell werden mehrere klinische Studien mit neuen, innovativen Ansätzen zur Therapie der Alzheimer Demenz durchgeführt. Die Entwicklung von Methoden zur Frühdiagnostik dementieller Erkrankungen ist ein wissenschaftlicher Schwerpunkt der Gedächtnissprechstunde. Wir untersuchen neue Ansätze zur neuropsychologischen Diagnostik, die dazu beitragen sollen altersbezogene physiologische (normale) Gedächtnisveränderungen von krankheitsbedingten Prozessen zu trennen. In langjähriger Kooperation mit dem Neurochemischen Labor der Neurologischen Abteilung des RKU wird nach Veränderungen der Proteinmuster im Liquor (‚Nervenwasser’) bei Demenzerkrankungen gesucht. Zudem untersuchen wir, inwiefern genetische Veränderungen mit dem Entstehen einer Demenz und Veränderungen der Biomarker zusammenhängen. Dadurch kann, gemeinsam mit den Patienten und Angehörigen, langfristig ein Beitrag zur Verbesserung diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten geleistet werden. In der Gedächtnisambulanz können pflichtversicherte Patienten auf Überweisung durch ihren Hausarzt oder Neurologen sowie privatversicherte Patienten behandelt werden.
In unserer Gedächtnissprechstunde besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an einer klinischen Studie. Die aktuellen Studien richten sich an Patienten in unterschiedlichen Stadien der Alzheimer Erkrankung, von der leichten kognitiven Beeinträchtigung bis zur mittelschweren Demenz. Die Behandlungsdauer ist unterschiedlich und reicht von 12 Wochen bis zu 4 Jahren. Bevor Sie sich für eine Teilnahme entscheiden, werden Sie und Ihre Angehörigen ausführlich über die für Sie in Frage kommenden Studien informiert. Dabei wird auf eine optimale Behandlung Ihrer Alzheimer-Erkrankung und anderen Begleiterkrankungen geachtet und die Studie bildet eine zusätzliche Maßnahme. Die Teilnahme an einer Studie ist kostenlos. Die Anfahrten zum Prüfzentrum werden pauschal vergütet.
Beispielhaft stellen wir Ihnen hier eine Studie genauer vor.
GrADuate – Information für Patienten
In der GrADuate Studie wird die Wirksamkeit eines neuen Medikamentes untersucht, das den Gedächtnisverlust von Menschen mit leichter Alzheimer-Demenz möglicherweise verlangsamen kann. Ein weiteres Ziel ist es, dass das Alltagsleben möglichst lange selbstständig durchgeführt werden kann.
Die GrADuate Studie:
- ist eine internationale Studie, die weltweit in vielen Ländern durchgeführt wird,
- untersucht, wie sich das Prüfpräparat auf die Fähigkeit der Teilnehmer auswirkt, sich an etwas zu erinnern, Probleme zu lösen und ihren Alltag zu bewältigen,
- dauert etwa 2 Jahre mit Verlängerungsoption, die Teilnehmer stellen sich 1-2 mal im Monat am Prüfzentrum vor,
- prüft einen neuen Wirkstoff, der als Spritze in den Bauch verabreicht wird,
- beinhaltet zahlreiche Standarduntersuchungen zur Gesundheitsprüfung, z.B. Gedächtnistests, EKG, Blut- und Urinuntersuchung, MRT,
- nutzt neuartige, international erprobte Diagnoseuntersuchungen.
Teilnehmer:
- müssen zwischen 50 und 90 Jahren alt sein,
- vermutlich an beginnender Alzheimer-Demenz leiden,
- benötigen einen Studienpartner, der darüber berichten kann, wie der Teilnehmer mit den Tagesaktivitäten zurechtkommt und der bereit ist, den Teilnehmer bei einigen Terminen zu begleiten.
Die Teilnahme ist kostenlos. Sie erhalten eine Fahrtkostenerstattung.
Alle aktuellen Studien finden Sie auf unserer Studienzentrum Webseite
Laufende klinische Studien Selbsthilfegruppen / weiterführende Informationen:
Hirnliga e.V., Deutschlands Alzheimer Forscher
Wer kann in die Gedächtnisambulanz kommen?
Patienten mit der Befürchtung nachlassender geistiger Leistungsfähigkeit ab dem 40. Lebensjahr.
(Jüngere Patienten nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Hausarzt oder Facharzt).
Ist eine Überweisung notwendig?
Ja, wir benötigen eine Überweisung vom Hausarzt oder Facharzt für die Gedächtnissprechstunde der Neurologischen Universitätsklinik (Chipkarte nicht vergessen).
Werden die notwendigen Untersuchungen von der Kasse gezahlt?
Ja.
Was soll man zur Erstvorstellung mitbringen?
- Angehörige (z.B. Ehepartner)
- Falls vorhanden: Röntgenbilder des Kopfes (CCT, wenn möglich MRT) - nicht nur die Befunde!
- Falls vorhanden: Laborwerte vom Hausarzt (nicht älter als 1 Jahr).
- 1-2 h Zeit, in der Regel werden insgesamt 2-3 Termine zur Erhebung der Vorgeschichte, ausführlichen neuropsychologischen Diagnostik, weiteren Zusatzuntersuchungen und abschließender Befundbesprechung vereinbart.