3for1 – Drei Wege, ein Ziel

Forschungsprojekt unterstützt psychisch belastete Jobcenterkund*innen bei Genesung und Arbeitssuche

Psychische Erkrankungen sind eng mit Arbeitslosigkeit verbunden und können dabei sowohl Ursache als auch Folge sein. Das Forschungsprojekt „3for1 – Drei Wege, ein Ziel“ soll diesem Teufelskreis auf verschiedenen Ebenen mit innovativen Angeboten entgegenwirken und psychisch belastete, arbeitssuchende Jobcenterkund*innen bei ihrer Genesung und Arbeitssuche unterstützen. Das Projekt ist ein fünfjähriges Modellprojekt, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Bundesprogrammes „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben – rehapro“ mit rund 4,5 Mio. Euro gefördert wird. Geleitet wird das Projekt vom Jobcenter Ulm in Kooperation mit fünf weiteren Jobcentern in Württemberg und Bayerisch-Schwaben sowie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II und der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm und dem Universitätsklinikum Tübingen. Aktuell werden noch Teilnehmende für das Projekt und die angegliederte Studie gesucht.

Das Projekt „3for1“ umfasst eine ganzheitliche Intervention mit drei Bausteinen: Erstens eine psychologische Sprechstunde direkt im Jobcenter; zweitens das sogenannte „Supported Employment“ in Form von Jobcoaching bei Arbeitssuche und durch Begleitung am neuen Arbeitsplatz; schließlich drittens Unterstützung durch Peerlots*innen, also Menschen, die eigene Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen gemacht haben und bewältigen konnten. „Ab Projekteintritt können Interessierte bis zu 12 Monate an diesen drei Bausteinen teilnehmen. Dabei können sie selbst entscheiden, ob sie eines, zwei oder drei der Angebote in Anspruch nehmen möchten – parallel oder nacheinander“, erklärt Prof. Dr. Nicolas Rüsch, Leiter der Sektion Public Mental Health an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm. „Unsere Unterstützungsangebote sollen die Teilnehmenden individuell und längerfristig unterstützen, je nachdem, was die jeweilige Person in diesem Moment benötigt. Dabei betonen und fördern wir auch stets die Selbstbestimmtheit der Person – sie entscheidet, welche Wege sie wählt“, ergänzt em. Prof. Dr. Jörn von Wietersheim, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm. Menschen, die am Projekt teilnehmen, werden über 1,5 Jahre hinweg viermal kontaktiert und befragt. „Damit profitieren sie nicht nur selbst, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag für die Forschung zu Unterstützungsangeboten für psychisch belastete Jobcenterkund*innen“, ergänzt Prof. Dr. Rüsch.


Psychologische Hilfe direkt im Jobcenter
Teilnehmende, die sich für die psychologische Sprechstunde entscheiden, können diese direkt im Jobcenter oder in den Räumlichkeiten der Universitätskliniken besuchen. Dort werden sie in bis zu 10 Sitzungen à 50 Minuten in diesem Projekt von erfahrenen Psycholog*innen betreut. Gemeinsam mit diesen Expert*innen analysieren sie ihre psychischen Beschwerden und erarbeiten realistische Veränderungsmöglichkeiten. Die Psycholog*innen unterstützen sie dabei, persönliche Ziele festzulegen, und passen die weiteren Sitzungen individuell an deren Bedürfnisse an. Die Gespräche können helfen, eine andere Perspektive auf Probleme zu gewinnen und den Umgang mit belastenden Gefühlen zu verbessern. Auch Themen in Zusammenhang mit der Arbeitsplatzsuche werden besprochen. Falls eine zusätzliche Behandlung erforderlich ist, unterstützen die Psycholog*innen zudem bei der Suche nach einer passenden Weiterbehandlung.

Begleitung auf Augenhöhe
Ein zweiter wichtiger Bestandteil des Projekts ist die Begleitung durch Peerlots*innen. Da sie bereits eigene Erfahrungen mit Lebenskrisen und psychischen Erkrankungen gemacht haben, stehen sie den Betroffenen auf Augenhöhe zur Seite und unterstützen sie dabei, Herausforderungen im Alltag zu bewältigen. „Durch die gezielte Einbindung von Menschen, die direkt oder indirekt von psychischer Belastung oder Erkrankung betroffen sind, eröffnet sich eine aktive und kooperative Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Praktikern mit Betroffenen. Sie bringen ihr Erfahrungswissen aus der Innenperspektive in das Projekt ein und leisten damit einen wichtigen Beitrag sowohl zur Bewältigung psychischer Belastungen als auch zu weiteren Perspektiven in der Gesundheitsförderung und deren Begleitforschung“, ergänzt Dr. Dipl.-Psych. Rebecca Sarah Erschens, Psychosomatische Medizin am Universitätsklinikum Tübingen. Je nach Bedarf können 1-2 Termine pro Woche vereinbart werden. Die Begleitung kann sich auf unterschiedliche Bereiche des Lebens fokussieren, wie beispielsweise Begleitung zu Arzt- oder Behördenterminen, Alltagsbewältigung oder der Aufbau von Sozialkontakten. Der Grundsatz dabei lautet "Hilfe zur Selbsthilfe", wobei die Peerlots*innen die Teilnehmenden bei den ersten Schritten aktiv begleiten.

Begleitung bei der Arbeitssuche und am neuen Arbeitsplatz
Der dritte Baustein des Projekts ist das Jobcoaching, das auf dem Konzept des „Supported Employment" basiert. Ziel ist es, den Teilnehmenden dabei zu helfen, schnell einen passenden Arbeitsplatz zu finden und dort erfolgreich zu integrieren. Die Jobcoaches, in der Regel Sozialarbeiter*innen, bieten individuelle Unterstützung an: So helfen sie den Teilnehmenden beispielsweise dabei, Bewerbungsunterlagen zu erstellen, oder begleiten diese zu Vorstellungsgesprächen. Sie unterstützen auch aktiv beim Erhalt des neuen Arbeitsplatzes. Die Jobcoaches ergänzen so die Tätigkeit der Arbeitsvermittler*innen im Jobcenter und verstehen sich als Verbindung zwischen den Teilnehmenden, dem Jobcenter und dem neuen Arbeitgeber.

Aktuell können sich Betroffene, die im Rahmen des Modellprojektes „3for1“ Unterstützung erfahren möchten, noch zur Teilnahme anmelden. Interessierte sollten:

  • zwischen 18 und 60 Jahre alt sein,
  • sich maximal seit sechs Monaten im Bürgergeld-Bezug befinden und
  • Kund*in in einem der teilnehmenden Jobcenter sein (Jobcenter Alb-Donau, Stadt Heilbronn, Neu-Ulm, Landkreis Reutlingen, Landkreis Tübingen, Ulm)

Betroffene, die diese Kriterien erfüllen und Interesse an der Projektteilnahme haben, können sich gerne an folgende Ansprechpersonen wenden:


Im Universitätsklinikum Ulm:
Dr. Svenja Schlachter | Projektkoordination
3for1@uni-ulm.de
Tel: 0731 500-62304

Im Universitätsklinikum Tübingen:
Dr. Dipl.-Psych. Rebecca Sarah Erschens | Projektleitung
3for1@med.uni-tuebingen.de 
Tel: 07071-29-80191

Weitere Informationen erhalten Sie auch auf der Projektwebseite: https://www.projekt-3for1.de

3for1 wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Bundesprogrammes „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben – rehapro“ gefördert.

 

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