Selbsthilfe ist mehr als ein Stuhlkreis

Das Selbsthilfebüro KORN am Universitätsklinikum Ulm feiert 30-jähriges Bestehen – Unterstützung für Betroffene in 250 verschiedenen Gruppen

Mobbing, Betrug in der Partnerschaft, Abhängigkeit und Sucht, seelische und körperliche Erkrankungen oder Trauergruppen – die Themen, denen sich Selbsthilfegruppen widmen, sind vielfältig. Über 250 Gruppen gibt es allein in der Region Ulm. Gar nicht so einfach, sich zwischen all den Angeboten zurecht zu finden. Deshalb hilft das Selbsthilfebüro KORN Menschen in persönlichen Krisensituationen dabei, Mitbetroffene und passende Hilfsangebote zu finden. KORN steht für KOordinationsstelle Regionales Netzwerk und ist seit 30 Jahren die zentrale Anlaufstelle zum Thema Selbsthilfe in der Region Ulm, Neu-Ulm und dem Alb-Donau-Kreis.

Der gemeinnützige Verein ist durch einen Kooperationsvertrag eng mit dem Universitätsklinikum Ulm verbunden und dort der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zugeordnet. Professor Dr. Harald Gündel ist Ärztlicher Direktor der Klinik und ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Vereins. Am Oberen Eselsberg arbeitet er Tür an Tür mit dem Team des Selbsthilfebüros. „In Zeiten überlasteter Gesundheitssysteme, der Vereinsamung vieler Menschen und in Anbetracht des demographischen Wandels wird Selbsthilfe heute mehr denn je gebraucht“, erklärt Prof. Gündel. „Für uns als Klinik und für unsere Patientinnen und Patienten ist die Zusammenarbeit mit KORN und die räumliche Nähe daher ein großer Glücksfall.“

In Selbsthilfegruppen kommen Menschen zusammen, die ein gemeinsames Thema verbindet. Das kann eine körperliche oder psychische Erkrankung sein, aber auch eine vergleichbare soziale Lebenssituation, etwa der Tod eines Angehörigen oder eine Scheidung. „In den letzten Jahrzehnten ist die Selbsthilfe in der Mitte der Gesellschaft angekommen und ist mittlerweile ein anerkannter Teil der Gesundheitsversorgung“, so Prof. Gündel. Selbsthilfegruppen können eine medizinische oder therapeutische Behandlung nicht ersetzen, aber sehr gut ergänzen. „Denn die Kraft der Gruppe kann wie ein Medikament wirken.“
Damit die Gruppe ihre Wirkung entfalten kann, spielt die Art der Zusammenkunft keine Rolle. Den klassischen Stuhlkreis braucht es also nicht zwangsläufig. Jede Gruppe entscheidet selbst, wie sie die Treffen gestalten möchte. „Oft funktioniert das auch ganz ungezwungen in einer Gaststätte. Je nach Thema, Ziel und Zusammensetzung findet jede Gruppe ihren eigenen Stil“, erklärt Lydia Ringshandl, die als Dipl.-Sozialpädagogin beim Selbsthilfebüro KORN am Universitätsklinikum Ulm tätig ist.

Dabei erfüllen Selbsthilfegruppen heute eine andere Funktion als noch vor 30 Jahren. „In den Entstehungsjahren stand die Idee der Selbstbestimmung im Mittelpunkt. Heute geht es vor allem um individuelle Stütze und Orientierungshilfe“, so Ringshandl. Es geht darum, mit einer veränderten Lebenslage besser zurecht zu kommen, um Wissensvermittlung und um Hilfe bei Entscheidungen. „Die Mitglieder aus der Gruppe unterstützen sich gegenseitig dabei, aktiv zu werden und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen“, ergänzt Christine Lübbers, Geschäftsführerin und Dipl.-Sozialarbeiterin, die zusammen mit Lydia Ringshandl Hilfesuchende im Selbsthilfebüro berät. „Menschen aus Selbsthilfegruppen berichten immer wieder, dass sie in der Gruppe Kraft, Mut und Hoffnung schöpfen konnten und trotz einer schwierigen Lebenssituation wieder Freude am Leben gefunden haben. Häufig entstehen in Selbsthilfegruppen sogar lebenslange Freundschaften“, berichtet Lübbers. „Selbsthilfegruppen sind also definitiv ein Weg zu mehr Lebensqualität und Lebensfreude.“

Das Interview zum 30. Jubiläum
Wir haben mit Geschäftsführerin und Dipl.-Sozialarbeiterin Christine Lübbers und Dipl.-Sozialpädagogin Lydia Ringshandl über 30 Jahre KORN gesprochen. Ein Gespräch über Erfolge und neue Herausforderungen für die Selbsthilfe und darüber, was die Gruppen bis heute leisten  – jenseits des berühmten Stuhlkreises.

Ansprechpartnerinnen:
Christine Lübbers und Lydia Ringshandl
Selbsthilfebüro KORN e. V.
Tel.: 07 31 / 88 03 44 10
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm

Über das Selbsthilfebüro KORN
KORN bedeutet KOordinationsstelle Regionales Netzwerk und ist die zentrale Anlaufstelle zum Thema Selbsthilfe in der Region Ulm, Neu-Ulm und dem Alb-Donau-Kreis. Das Selbsthilfebüro KORN e. V. gibt es seit 1989. Seit 1996 ist die Einrichtung als Verein eingetragen und als gemeinnützig anerkannt. Das Selbsthilfebüro KORN ist länderübergreifend zuständig und wird gefördert von den Krankenkassenverbänden in Baden-Württemberg und Bayern, dem Sozialministerium Baden-Württemberg, der Stadt Ulm, dem Landkreis Alb-Donau, der Stadt Neu-Ulm und dem Landkreis Neu-Ulm. Das Universitätsklinikum Ulm stellt dem Selbsthilfebüro KORN kostenfrei Büro- und Besprechungsräume zur Verfügung. Der ehrenamtliche Vorstand des Selbsthilfebüro KORN setzt sich zusammen aus Prof. Dr. Harald Gündel (1. Vorsitzender, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm),  Prof. Dr. Dr. Horst Kächele (stellvertretender Vorsitzender, ehemaliger Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie), Elisabeth Geyer (Schriftführerin), Karin Elsäßer (Schatzmeisterin) sowie Rita Beranek, Steffie Herzog und Reinhold Hudak. Geschäftsführerin ist Christine Lübbers, Dip.-Sozialarbeiterin.

Weitere Infos zum Selbsthilfebüro KORN finden Sie hier.

Zur Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

 

Lydia Ringshandl(li.) und Christine Lübbers(re.) betreuen das Büro und arbeiten eng mit Prof. Harald Gündel(Mi.), dem KORN-Vorstandsvorsitzenden und Ärztlichen Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin/ Psychotherapie an der Uniklinik Ulm, zusammen.