Diagnostik des Diabetes mellitus entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).
Diabetes mellitus
Messgröße venöse Plasmaglukosekonzentration
- Gelegenheitsplasmaglukosekonzentration von >/= 200 mg/dl (>/= 11,1 mmol/l)
oder
- Nüchternplasmaglukosekonzentration von >/= 126 mg/dl (>/= 7,0 mmol/l) (Fastenzeit 8-12 Stunden)
oder
- oGTT-2-h Wert >/= 200 mg/dl (>/= 11,1 mmol/l)
Messgröße HbA1c-Wert
- HbA1c >/= 6,5 % (>/= 48 mmol/mol Hb)
Abnormal erhöhte Nüchternplasmaglukosekonzentration
IFG (impaired fasting glucose, "abnormale Nüchternglukose") für den Bereich der Nüchternglukose von 100 bis <126 mg/dl (5,55 mmol/l bis <7,0 mmol/l) im venösen Plasma.
Gestörte Glukosetoleranz
IGT (impaired glucose tolerance) entspricht einem 2-h Plasmaglukosewert beim oGTT im Bereich von 140 bis <200 mg/dl (7,8 bis <11,1 mmol/l)
Bei vielen Menschen mit einer Glukoseverwertungsstörung besteht eine IFG und eine IGT.
letzte Änderung 28.12.2023
Durchführung des 75g oGTT - oraler Glukosetoleranztest - nach WHO-Richtlinien
Testdurchführung am Morgen
- nach 8-12 Stunden Nahrungs-, Nikotin- und Alkoholkarenz
- nach einer >/= 3-tägigen kohlenhydratreichen Ernährung (>/= 150 g KH pro Tag)
- im Sitzen oder Liegen (keine Muskelanstrengung); nicht rauchen vor oder während des oGTT
___________________________________________________________________________________
Zum Zeitpunkt 0 Trinken der Glukoselösung (75 g Glukose oder äquivalente Menge hydrolysierter Stärke gelöst in 250-300 ml Wasser) innerhalb von 5 min.
- Kinder 1,75 g/kg (maximal 75 g)
- venöse Blutabnahme zu den Zeitpunkten 0 und 120 min
- sachgerechte Probenverarbeitung und -aufbewahrung
___________________________________________________________________________________
Ein oGTT ist kontraindiziert bei interkurrenten Erkrankungen, bei Z. n. Magen-Darm-Resektion, bei Z. n. bariatrischer Chirurgie oder gastrointestinalen Erkrankungen mit veränderter Resorption oder wenn bereits ein Diabetes mellitus festgestellt wurde.
Die Selbstherstellung der Glukoselösung für die Durchführung des oGTT wird von der DDG aus Gründen der Qualitätssicherung abgelehnt [15, 16]. Wie bei allen anderen Laboruntersuchungen ist Voraussetzung für die Diagnosestellung, dass der oGTT adäquat durchführt wird, inklusive Vorbereitung des Patienten. Das intra- und interindividuell variierende Resorptionsverhalten kann zu erhöhter Variabilität der Glukosekonzentrationen im oGTT führen [17].
letzte Änderung 28.12.2023
Bei Erreichen oder Überschreiten von mindestens einem der drei Grenzwerte im venösen Plasma wird ein Gestationsdiabetes mellitus diagnostiziert.
Grenzwerte im venösen Plasma nach IADPSG-Konsensus-Empfehlungen:
mg/dl | mmol/l | ||
nüchtern | >/= 92 | >/= 5,1 | |
60 min | >/= 180 | >/= 10,0 | |
120 min | >/= 153 | >/= 8,5 |
letzte Änderung 28.12.2023
Faktoren, die den HbA1c-Wert beeinflussen oder zu Störungen bei der HbA1c-Messung führen.
Einflussfaktoren die den HbA1c-Wert
▪ senken (v. a. Faktoren, die den Erythrozyten-Turnover erhöhen)
– Hämolytische Anämie, verursacht z. B. durch immunologische Vorgänge, Medikamente wie Cephalosporine
– Behandlung der Eisen- bzw. Vitaminmangelanämie durch entsprechende Medikation
– Schwere Leber- oder Niereninsuffizienz
– Hämatologische Erkrankungen, die den Erythrozyten-Turnover erhöhen (Thalassämien, pathologische Hämoglobine)
▪ erhöhen (v. a. Faktoren, die den Erythrozyten-Turnover vermindern)
– Anämie z. B. aufgrund von Eisen- bzw. Vitaminmangel (B12, Folsäure)
– Splenektomie
– Alter (siehe Tabelle)
– Ethnizität, HbA1c-Wert ~ 4 mmol/mol Hb (~0,4 %) höher bei Afroamerikanern als bei Kaukasiern
Störfaktoren, die die Messung des HbA1c verfälschen können
▪ Vor allem Hämoglobinvarianten, die abhängig von der Messmethode zu einem falschen HbA1c-Messergebnis führen
▪ Ab Stadium G3b/G4 KDIGO ist der HbA1c-Wert kein zuverlässiger Parameter mehr für die Güte der Stoffwechseleinstellung, da er, insbesondere bei Vorliegen und/oder Behandlung einer renalen Anämie, unzuverlässig sein kann.
Nicht geeignet ist HbA1c zur Diabetes-Diagnose bei
▪ Neugeborenen (HbF ~ 90%)
▪ Schwangeren zur Diagnose eines Gestationsdiabetes
▪ Frauen bis ca. 2 Monate post partum
▪ hyperglykämisch wirkenden Medikamenten, z. B. Glukokortikoiden, Psychopharmaka bei Einnahme < 2 Monate
▪ Erkrankungen des Pankreas inkl. Pankreas-OP
▪ Bluttransfusionen, Blutspende, größeren Blutungen (OP, Unfälle)
Um mögliche Einflüsse auf den HbA1c-Wert zu erkennen, soll ein aktuelles Blutbild vorliegen, vor allem, wenn der HbA1c-Wert zur Diagnose eines Diabetes mellitus beitragen soll.
Altersabhängigkeit des HbA1c
Der HbA1c-Wert steigt bei Menschen ohne Diabetes mit dem Alter an. Dieser Anstieg kann absolut 0,4–0,7 % (4–8 mmol/mol Hb) betragen.
Der Anstieg schränkt neben den methodisch bedingten Unterschieden die Verwendung des HbA1c-Wertes für die Diabetes-Diagnose insbesondere in dem Bereich unter 7,0 % (53 mmol/mol Hb) bei Personen ab 60 Jahren ein.
Die unten stehende Tabelle zeigt HbA1c-Referenzwerte bei nicht-diabetischen Erwachsenen in jüngerem, mittlerem und höherem Alter aus zwei deutschen Populationen.
Als Referenzbereich werden die 2,5. bis 97,5. Perzentile angegeben. Ein Messwert über dem Referenzbereich muss aber nicht zwingend pathologisch sein.
Referenzbereiche (2,5. bis 97,5. Perzentile) für HbA1c- Werte, die bei zwei großen Erwachsenen-Populationen in Deutschland ermittelt wurden.
Roth J et al., 2016 [26] (n = 6783) | Masuch A et al., 2019 [27] (n = 8665) | |
---|---|---|
<40 Jahre | 27 bis 41 mmol/mol Hb (4,6 bis 5,9%) | 20 bis 42 mmol/mol Hb (4,0 bis 6,0 %) |
40 bis < 60 Jahre | 29 bis 44 mmol/mol Hb (4,8 bis 6,2%) | 21 bis 44 mmol/mol Hb (4,1 bis 6,2 %) |
≥ 60 Jahre | 31 bis 46 mmol/mol Hb (5,0 bis 6,4%) | 25 bis 49 mmol/mol Hb (4,4 bis 6,6 %) |
letzte Änderung 28.12.2023