Krebszellen schädigen, übrige Organe schonen

Ergebnisse der Klinischen Forschergruppe zur Radiotherapie

In dreijähriger Forschungstätigkeit fand das Team der Klinischen Forschergruppe u. a. neue Wege, Krebszellen durch radioaktive Bestrahlung gezielt abzutöten und normale Organe zu schonen. Sie wies außerdem nach, dass gegen Chemotherapien resistente Krebszellen durch bestimmte radioaktive Strahlung effizient zerstört werden können. Die Klinische Forschergruppe der Ulmer Universitätsmedizin wurde über drei Jahre mit 1,6 Millionen Euro gefördert, je zur Hälfte von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Universität Ulm.

 

Fächerübergreifendes Forscherteam

Ziel war es, neue Therapien mit radioaktiven Stoffen/Substanzen gegen Leukämien und neuroendokrine Tumoren (Krebserkrankungen der Drüsen) zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen. Dabei werden radioaktive Substanzen an verschiedene Botenstoffe gebunden, die in die vom Krebs betroffenen Körperregionen wandern und dort durch ihre Strahlung die Tumorzellen zerstören. Was genial einfach klingt, ist ein kompliziertes System, das die fächerübergreifende Gruppe aus Ärzten, Biologen, Chemikern und Physikern der Kliniken für Nuklearmedizin (Sprecher: Prof. Dr. Sven Norbert Reske), Innere Medizin I und III, der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und verschiedener Institute weiter enträtselte und entwickelte.

 

Vermehrung von Krebszellen konnte gestoppt werden

Das Geheimnis ist, den richtigen Botenstoff mit der richtigen Strahlung zusammenzuführen. „Wir konnten z.B. zeigen, dass ein bestimmter Botenstoff (z.B. Bauelemente der Erbsubstanz oder CD45 Antikörper) in Kombination mit einer besonderen Strahlung (Auger-Elektronen-Emitter bzw. Alpha-Emitter) die Vermehrung bestimmter Krebszellen stoppt und gezielt zerstört, die gegen Chemotherapeutika resistent sind“, erklärt der Sprecher Professor Dr. Sven Norbert Reske. „Das war mit anderen Verfahren bisher nicht möglich.“ Die Therapiemöglichkeit mit Antikörpern ist inzwischen bei mehreren hundert Krebspatienten mit einem bestimmten Krankheitsbild eingesetzt worden.

 

Bessere Wirkung, geringere Nebenwirkungen

Bei Leukämien, also Blutkrebs, sollen die Botenstoffe mit ihrem radioaktiven „Gepäck“ in das Knochenmark gelangen, um dort die Tumorzellen zu zerstören. Antikörper z.B. gelangen über den Blutkreislauf, auch zu einem großen Teil in die Leber und andere schützenswerte Organe „Deshalb geben wir den Patienten über einen bestimmten Zeitraum den Botenstoff ohne radioaktive Substanzen, so dass die radioaktiv bepackten Antikörper in das Knochenmark umgeleitet werden“, erklärt Professor Reske das Verfahren. „Wenn wir im Anschluss daran die Radioaktivität an die Botenstoffe hängen, werden die Leber und andere schützenswerte Organe abgeschirmt, die ‚Waffe’ gegen den Blutkrebs wandert zu einem viel größeren Anteil direkt ins Knochenmark, Normalgewebe wird geschont.“ Die Ulmer Forscher entwickelten eine neue Methode, mit der für jeden einzelnen Patienten die genauen Zeitfenster und Dosierungen für diese Therapie berechnet werden. „Das senkt den Anteil an Überdosierungen oder Wirkungslosigkeit und bietet die Chance auf bessere Wirkung und geringere Nebenwirkungen“, ist Professor Reske überzeugt.

 

Forscher mit Preisen geehrt

Mehrere der beteiligten Wissenschaftler erhielten während der Projektdauer Rufe an hochrangige Forschungseinrichtungen, veröffentlichten in renommierten Wissenschaftsjournalen und wurden mit Preisen geehrt, so z.B. der Physiker Professor Gerhard Glatting von der Klinik für Nuklearmedizin und die Chemikerin Dr. Claudia Friesen vom Institut für Rechtsmedizin. Die komplette Bezeichnung der Klinischen Forschergruppe lautet: „Selektive interne Radiotherapie: Wirkmechanismen und klinische Wirksamkeit bei hämatologischen Neoplasien und neuroendokrinen Tumoren“.

Menschliches Knochenmark: An den dunklen Stellen haben sich die radioaktiven Substanzen zur Krebsbekämpfung angereichert.

Menschliches Knochenmark: An den dunklen Stellen haben sich die radioaktiven Substanzen zur Krebsbekämpfung angereichert.