Arbeitsgruppe Klimawandel und psychische Gesundheit

Leitung: PD Dr. Hans Knoblauch

 

Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit sind zunehmend auch in Deutschland nachweisbar. Menschen mit psychischen Erkrankungen sind für diese Einflüsse besonders vulnerabel. In der Arbeitsgruppe werden Zusammenhänge) zwischen Klimawandel-assoziierten Veränderungen der Umwelt und psychischer Gesundheit bzw. Krankheit untersucht sowie potentielle Synergieffekte gesundheits- bzw. klimaförderlicher Verhaltensänderungen psychisch kranker Menschen identifiziert.

Laufende Projekte

Hans Knoblauch, Monika Stöhr

Hintergrund: Das steigende Bewusstsein für den Klimawandel und damit verbundene Gefährdungen kann belastende emotionale und kognitive Reaktionen auslösen, wie z.B. Angst oder Hilflosigkeitserleben, und als punktueller oder kontinuierlicher Stressor zu psychischen Erkrankungen wie z.B. Depression beitragen.

Forschungsfragen: Wird eine regionales ambulantes Beratungsangebot hinsichtlich klimawandel-assoziierter psychischer Belastungen genutzt? Welche Kontaktanlässe sind zu verzeichnen und wie wirkt sich die Inanspruchnahme dieser Sprechstunde auf die psychische Gesundheit der Klient*innen aus?  Welche Empfehlungen lassen sich daraus für den professionellen Umgang mit klimawandel-assoziierten psychischen Belastungen ableiten?

Methode: Klient*innen einer neu eingeführten ambulanten Sprechstunde für klimawandel-assoziierte psychische Belastungen werden zu Kontaktanlässen, Symptomen und Outcomes befragt, wofür sowohl etablierte als auch zu entwickelnde spezifische Messinstrumente (Selbsteinschätzungsbogen) eingesetzt werden.

Monika Stöhr, Hans Knoblauch

Hintergrund: Psychoedukation zu spezifischen Krankheitsbildern ist ein etabliertes Verfahren in der Behandlung von Patient*Innen mit dem Ziel der Rückfallprävention und Krankheitsakzeptanz, aber auch der Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens zur Reduktion der Nebenwirkungen einer psychopharmakologischen Behandlung. Der Klimawandel bietet neue psychoedukative Ansatzpunkte, da Maßnahmen zur Reduktion des persönlichen CO2-Verbrauchs auch positive Effekte auf die individuelle Gesundheit haben können und somit eine zusätzliche Motivation für Verhaltensänderungen darstellen können.

Forschungsfragestellung: In diesem Projekt wird untersucht, inwiefern Informationen zum Thema Klimawandel einen Einfluss auf das Gesundheitsverhalten von Patient*Innen in psychiatrischer Behandlung haben können.

Methode: Patient*Innen in ambulanter, teil- oder vollstationärer psychiatrischer Behandlung erhalten Psychoedukation zum Thema Klimawandel und Gesundheit. Es werden Parameter zu mehreren Zeitpunkten im Behandlungsverlauf erfasst, die mit dem Risiko für insbesondere Herz-Kreislauferkrankungen assoziiert sind (Ernährung, Bewegung, Rauchen, Gewicht, Stoffwechselparameter, etc.). Der Verlauf dieser Parameter wird verglichen zwischen Patient*innen die eine bzw. keine entsprechende Psychoedukation erhalten haben.

Monika Stöhr, Hans Knoblauch

Hintergrund: Menschen mit psychischen Erkrankungen bedürfen aufgrund von Krankheits- und Behandlungsfaktoren in besonderem Maße eines gesundheitsförderlichen Lebensstils, um somatische Komorbiditäten wie Stoffwechselstörungen und Herzkreislauferkrankungen zu lindern oder zu vermeiden. Trotz entsprechender Aufklärung etwa im Rahmen der ärztlich indizierten Psychopharmakotherapie gelingt die Etablierung eines solchen gesundheitsförderliches Verhaltens oftmals nicht, wobei die bedingenden Faktoren hierfür noch nicht ausreichend identifiziert und entsprechend nicht gezielt beeinflussbar sind. Ein ähnliches Phänomen wird in Bezug auf den Klimawandel beobachtet, der in seiner Existenz und den seinen Folgen inzwischen hinreichend bekannt ist. Viele Menschen geben in Umfragen eine Bereitschaft zu klimafreundlichem Verhalten an, setzen dies jedoch im Alltag nicht unbedingt um. Im Bereich der Umweltpsychologie wurden Erkenntnisse über psychologische Faktoren hinsichtlich Denkstilen, sozialen Normen und Emotionen gewonnen, die diese Diskrepanz mitbedingen. Forschungsfrage:  Finden sich die gleichen kognitiven und emotionalen Faktoren, die mit klima(un)freundlichem Verhalten einhergehen, auch im Bereich des gesundheitsfördernden Verhaltens psychisch kranker Menschen wieder?

Methode: Befragung von Patient*innen im stationären, teilstationären und ambulanten psychiatrischen Versorgungsbereich bzgl. Kognitionen und Emotionen sowie gesundheits- und klimafreundlichem Verhalten.

Hans Knoblauch, Frank Eisele, Erich Flammer, Tilman Steinert


Hintergrund: Eine erhöhte Außentemperatur wurde mit aggressivem Verhalten in Verbindung gebracht. Etwa 17 Prozent der eingewiesenen psychiatrischen Patienten zeigen gewalttätiges Verhalten. Damit assoziiert sind Eindämmungsmaßnahmen durch das Personal wie Isolierung, Fixierung und unfreiwillige Medikation.
Forschungsfragestellung: Diese Studie untersucht den Zusammenhang zwischen Temperatur und aggressivem Verhalten von Personen mit psychiatrischen Störungen während der Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Methode: Die Studie wurde an sechs psychiatrische Kliniken in Baden-Württemberg mit zusammen 1.007 Betten durchgeführt. Es wurden die Anzahl aggressiver Vorfälle, die Anzahl freiheitsbeschränkender Zwangsmaßnahmen (Isolierung, Fixierung, Festhalten) und die Außentemperaturen jeweils tageweise erfasst. "Hitzetage" wurden definiert durch eine Temperatur von ≥ 30° C.
Ethikvotum: Ein Ethikvotum ist nicht erforderlich, da nicht an Patienten geforscht wird.
Ergebnisse: An Hitzetagen erfolgten signifikant mehr aggressiver Vorfälle als an Nicht-Hitzetagen. Es zeigte sich auch eine signifikante Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Temperaturkategorien und Anzahl der aggressiven Vorfälle. Die Ergebnisse wurden in einer Fachzeitschrift veröffentlicht.