Schwerpunkt Adipositas

Adipositas oder krankhaftes Übergewicht ist eine chronische Gesundheitsstörung, die durch zu viel Körperfett verursacht wird. Adipositas wird mit dem Body-Mass-Index (BMI) diagnostiziert, der sich aus dem Körpergewicht und der Körperhöhe errechnet. Der BMI-Wert wird von Ihrem*Ihrer Arzt*Ärztin in der Sprechstunde überprüft und mit alters- und geschlechtsabhängigen Grenzwerten verglichen. Verallgemeinernd kann man sagen, dass ein höherer BMI in der Regel einen höheren Körperfettanteil anzeigt. Ein BMI-Rechner zur Selbstüberprüfung steht im Internet unter BMI – Adipositas Gesellschaft (adipositas-gesellschaft.de) zur Verfügung.

Adipositas ist eine Erkrankung, welche die Gesundheit in mehreren Bereichen nachteilig beeinflusst. Sie ist die Ursache für zahlreiche Folgeerkrankungen, die verschiedene Organsysteme im Körper betreffen.

Die Ursachen sind komplex und nicht einfach auf mangelnde Willensstärke und Selbstkontrolle zurückzuführen. Adipositas wird in der Regel durch eine Kombination aus genetischer Veranlagung, ungünstiger Ernährung und mangelnder Bewegung verursacht. Übergewicht und Adipositas entstehen, wenn der Körper im Verlauf der Zeit mehr Kalorien aufnimmt als verbrannt werden. Allerdings gibt es Menschen, die leichter Gewicht zunehmen als andere.
In äußerst seltenen Fällen kann eine Adipositas auch durch eine klassische Hormonstörung oder Erberkrankungen verursacht werden. Ihr*Ihre Arzt*Ärztin wird Ihr Kind daraufhin in der Sprechstunde untersuchen und ggfs. spezielle Untersuchungen einleiten.
Ebenso kann eine Adipositas durch die Nebenwirkungen bestimmter Medikamente bedingt sein, die z.B. bei Krampfleiden (Epilepsie) oder Rheumaerkrankungen eingesetzt werden. In diesen Fällen kann manchmal durch eine Veränderung der Behandlung das Körpergewicht günstig beeinflusst werden.
Unser Wissen über Ursachen der Adipositas ist in den zurückliegenden Jahren stark angewachsenen. So konnten wir z.B. wertvolle Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Fettzellen, der Magen-Darmtrakt und das Gehirn über Hormone gemeinsam das Sättigungsgefühl, den Energieverbrauch und somit auch das Körpergewicht steuern. Zu diesen Themen wird an dem Hormonzentrum der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin aktiv geforscht. Sollte Ihr*Ihre Arzt*Ärztin Sie im Rahmen der Sprechstunde auf eines unserer Forschungsprojekte hinweisen, so würden wir uns sehr über Ihre Teilnahme und Unterstützung freuen.
 

Bei den meisten Patient*innen sind adipositasfördernde Lebensbedingungen und polygenetische Veränderungen (mehrere Gene sind betroffen) hauptverantwortlich für die Entstehung von Adipositas. Monogene Formen, bei denen Defekte (Mutationen) in einem einzigen Gen ursächlich für Adipositas sind, sind sehr selten. Bei betroffenen Patient*innen kommt es bereits im frühen Kindesalter zu einer extremen Adipositas begleitet von einem unstillbaren Hungergefühl (Hyperphagie). Es gibt eine Reihe von Genen, die mit monogener Adipositas assoziiert werden. Die meisten dieser Gene haben eine wichtige Funktion bei der Regulation von Hunger und Sättigung und sind Teil des sog. Leptin-Melanocortin-Signalwegs im zentralen Nervensystem. Zu nennen ist hier beispielsweise das Gen für Leptin (LEP), für den Leptin-Rezeptor (LEPR) oder für das Proopiomelanocortin (POMC). Die häufigste Ursache für eine monogene Adipositas sind Defekte im Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R)-Gen.

Bei Verdacht auf eine monogene Adipositas sollte eine molekulargenetische Diagnostik nach Rücksprache mit Prof. Dr. Martin Wabitsch erfolgen. Weitere Informationen zur molekulargenetischen Diagnostik finden Sie hier.   
Bisher gibt es nur für einige wenige Formen der monogenen Adipositas eine Therapiemöglichkeit. Für Patient*innen mit einem Defekt im Leptin-Gen gibt es die Möglichkeit einer Leptin-Ersatztherapie unter Verwendung eines rekombinanten humanen Leptin-Analogons (Metreleptin). Für Patient*innen mit Defekt im LEPR-Gen oder POMC-Gen besteht die Option einer Therapie mit dem MC4R-Agonisten Setmelanotid. Unsere Sektion ist eines von wenigen spezialisierten Zentren weltweit, die die Leptin-Ersatztherapie und Setmelanotid-Therapie seit vielen Jahren erfolgreich durchführen.
Darüber hinaus führen wir klinische und grundlagen-wissenschaftliche experimentelle Forschungsprojekte durch zur Identifizierung weiterer Gene, die eine extreme frühkindliche Adipositas verursachen.
Weitere Informationen finden Sie unter Klinische Studien und unter Experimentelle Forschung.
 

Die extreme Adipositas ist eine schwere chronische Krankheit und bedarf einer multidisziplinären Versorgung. Leider gibt es keine einfachen Lösungen oder Medikamente, die eine Adipositas heilen könnten. Es gibt jedoch effektive Behandlungen, welche die Kinder und Jugendliche mit Adipositas und ihre Familien unterstützen das Körpergewicht günstig zu beeinflussen. Eine langfristig erfolgreiche Behandlung der Adipositas muss sich aus dauerhaften Veränderungen der Ernährung und der körperlichen Aktivität im Alltag zusammensetzen. Darüber hinaus gibt es neue medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten, die die Gewichtsregulation bei Jugendlichen mit Adipositas unterstützen können. 


Neue medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten: Inkretinmimetika
Inkretinmimetika sind Medikamente, welche die Magenentleerung verzögern und ein Sättigungsgefühl vermitteln. Dadurch unterstützen sie die Gewichtsregulation und tragen zur Gewichtsabnahme und  stabilisierung bei. Sie sind die erste Medikamentengruppe, die für die Behandlung der Adipositas bei jungen Menschen zugelassen wurde. Aktuell stellt die Therapie mit Inkretinmimetika jedoch noch keine Standardtherapie dar, sodass die Kosten noch nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Ihr*Ihre Arzt*Ärztin wird diese Behandlungsoption im Rahmen unserer Sprechstunde überprüfen und Sie gegebenenfalls über die Behandlungsoption ausführlich aufklären.
 

•    Verbesserung der Lebensqualität
•    Gewichtsstabilisierung
•    Vermeidung von Folgeerkrankungen
•    Perspektivenwechsel – individuelle Stärken fokussieren
•    Beratung zur individuellen Ernährungs- und Bewegungsoptimierung
•    Erkennung und Behandlung von Komorbiditäten
•    Auswahl geeigneter Therapieoptionen
•    Unterstützung bei der Beantragung von Familienhilfe
 

Schulungsprogramm für Kinder und Jugendliche mit Adipositas

Wir bieten ein einjähriges ambulantes Schulungsprogramm für Kinder und Jugendliche mit Adipositas im Alter von 8 bis 16 Jahren an. Das Schulungsprogramm „Obeldicks“ ist eine evidenzbasierte Therapiemaßnahme, wird interdisziplinär durchgeführt und bezieht die Eltern bzw. die Familie aktiv mit ein. Weitere Informationen erhalten Sie in der Sprechstunde oder unter Tel. 0731-500 57401.

Zu den Schulungsprogrammen

Wodurch entsteht starkes Übergewicht (Adipositas)? Schadet starkes Übergewicht (Adipositas) der Gesundheit? Welche neuen Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Worin bestehen die Behandlungsziele? Das Problem der Stigmatisierung. Über diese und weitere Themen spricht Prof. Dr. Martin Wabitsch, Leiter der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie an der Klinik für Kinder-​​ und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm. Im Anschluss gibt es Zeit für Fragen und gemeinsamen Austausch. Die Informationsveranstaltung richtet sich an Kinder-​​ und Jugendliche mit starkem Übergewicht (Adipositas), Eltern und Großeltern, Ärzt*innen und Therapeut*innen und alle Interessierte und Betroffene. Wir freuen uns auf Sie!

Veranstaltungsübersicht:
Starkes Übergewicht bei Kindern-​​ und Jugendlichen – Aktuelle Behandlungsmöglichkeiten

  • Termin: Donnerstag, 30. Januar 2025, 18.00 - 19.00 Uhr
  • Ort: Konferenzraum der Klinik für Kinder und Jugendmedizin / digital via Webex

Eine Beschilderung zum Konferenzraum findet sich ab dem Eingang der Klinik. Die Zugangsdaten für die Webex-​​Veranstaltung erhalten Sie nach Ihrer Anmeldung.

  • Kostenfreie Teilnahme
  • Anmeldung per Email an mit folgenden Angaben:

Anmeldung bitte per Email an:
sekretariat.pedu@uniklinik-​​ulm.de 

Bitte geben Sie die 

  • Namen der teilnehmenden Personen an und ob Sie
  • vor Ort oder via Webex teilnehmen.

Rückfragen zur Veranstaltung können gerne unter der angegebenen E-​​Mail-Adresse gestellt werden.

Die Fortbildung wird von der Landesärztekammer Baden-​​Württemberg mit 1 Fortbildungspunkt (FP) in der Kategorie A für das Fortbildungszertifikat anerkannt.