Psychosomatik und Versorgungsforschung

  • Angewandt auf die Psychosomatik, vermag das Standard-Modell der Psychotherapie, basierend auf einschlägigen Forschungen zu vertreten, dass sie  auf der Erlebens- und Verhaltensebene messbar dank der Anwendung einer methoden- oder störungsspezifischen Psychotherapie wirkt, allerdings in Abhängigkeit von Patienten-, Therapeuten- und Interaktionsvariablen.
  • Die Geschichte der Psychotherapieforschung durchlief bisher vier Phasen: In der Pionierzeit ging es vor allem um die Ausarbeitung von gelungenen Therapien als das Fach legitimierende Fallberichte. Es folgte eine Phase der eigenen Rechtfertigung der Psychotherapie als wirksam, um einen Platz in der kurativen Medizin zu erhalten; zu dieser Zeit gehören die Menninger-Studie, sowie die Katamnesen von A. Dührsen. Die dritte Phase war gekennzeichnet von einem vergleichenden Eifer, um die Vorzüge der einen Psychotherapierichtung gegenüber den anderen belegen zu können. Heute geht es vor allem um die Suche von Wirksamkeitsfaktoren überhaupt, um Methodenintegration dort wo sinnvoll und machbar, sowie um Prozess-Ergebnis-Studien, welche einen Wirkzusammenhang zwischen Behandlungsart und -dosis einerseits und Effektstärken andererseits suchen, wobei der Zeitvariable einen besonderen Stellenwert zukommt. In diesem Sinne sind die Forschungsergebnisse von Orlinsky in den USA und Grawe in der Schweiz zu verstehen.
  • Die Psychosomatische Forschung befasst sich mit drei Kernbereichen:
    a) Klinische Psychosomatik: Zusammenhänge von Krankheitsbildern mit psychosozialen, persönlichkeitsbezogenen, sozialen, etc. Faktoren;
    b) Grundlagenpsychosomatik: biologische, strukturbezogene, multifaktorielle Modelle;
    c) Psychosomatische Versorgungsforschung: Befasst sich mit Fragen der Rationalität und Ethik der Ressourcenallokation, der Dosis-Wirkung-Annahmen, der Effektivität von Settings im Vergleich, der adaptiven Behandlungsindikationen, der Synergien zwischen Versorgungsstrukturen und Berufsgruppen, der Kosteneffektivität, etc.  
  • In  der heutigen psychosomatischen Forschung kommt es mit modernen Studiendesigns und angemessenen statistischen Modellen nicht nur auf die klinische Wirksamkeit (und auch auf die klinische Relevanz der Wirksamkeitsergebnisse) und auf die Grundlagenforschung (vor allem biologisch-kybernetisch und lerntheoretisch), sondern auch auf die psychosomatische Versorgungsforschung an. Diese untersucht den Weg von der Mikroebene der therapeutischen Interaktion zu den wirksamen Kontexten und zur komplexen Kausalität. Zudem beschäftigt zunehmend die Forschung die Frage -Kostenträger, Patienten und Leistungserbringer gleichzeitig berücksichtigend-  wie die Schnittstelle zwischen den ambulanten und den stationären Settings sich auf die adäquate Versorgung (auch und vor allem gemeindebezogen) auswirkt. Heute geht man weniger von einer grundsätzlichen Indikation aus und vielmehr von einer sog. „adaptiven“ Indikation, die im Verlauf mit unterschiedlichen Settings evidenzbasiert und personenbezogen beantwortet werden soll. In diesem Sinne erhalten sorgfältig geplante und durchgeführte Katamnesen eine besondere Relevanz hinsichtlich der Untersuchung von die Prognose beeinflussende klinische, psychosoziale und behandlungsbezogene Variablen.

 

Schwerpunkte der Sektion Psychosomatische Forschung

Die Sektion Psychosomatische Versorgungsforschung in der Region Süd konzentriert sich, aus der eigenen Expertise heraus, auf folgende Schwerpunkte:

  1. Psychiatrischer, psychosomatischer und psychoonkologischer Konsiliar- und Liaisondienst zur Untersuchung des Versorgungsbedarfs in Abhängigkeit klinischer und psychosozialer Variablen.
  2. In Zusammenarbeit mit Ärzten und Fachabteilungen somatischer Disziplinen wird im  somato-psychischer Hinsicht untersucht, welche spezifische klinische und psychosoziale Faktoren einen Einfluss auf Verlauf und Prognose unterschiedlicher somatischer Erkrankungen in unterschiedlichen Stadien haben könnten. Aktuelle Schwerpunkte sind die Kardiologie, Urologie, Allgemeinmedizin, Onkologie und Palliativmedizin.
  3. Mikroanalyse punktueller psychotherapeutischer Interventionen, so die Auswirkungen von Vorstellungsgesprächen, die intuitiven Einschätzung der Prognose nach Berufsgruppenzugehörigkeit, psychoedukative Interventionen, etc.
  4. Untersuchung von Einflussfaktoren während des stationär-psychosomatischen Aufenthaltes auf den klinischen Verlauf.
  5. Untersuchung von Faktoren, die zu einer misslungenen stationären Behandlung führen.
  6. Katamnestische Untersuchung von Konsiliarinterventionen, sowie von stationär-psychiatrischen Behandlungen, um die die therapeutische Wirksamkeit erhaltende Faktoren und die Therapieadhärenz zu erhellen.
  7.  Biographik: Entwicklung eines auf Psychiatrie und Psychosomatik anwendbares Modell zur Erfassung von biographischen Sachverhalten. Entwicklung eines Testverfahrens zur modellbezogenen Quantifizierung biographischer Sachverhalte. Untersuchung von Differentialcharakteristika in den Lebenslinien verschiedener Personengruppen im Vergleich.
  8. Untersuchung des Zusammenhanges zwischen ambulanter und stationärer Behandlung  in der Erwachsenenpsychotherapie: Differentialindikation; Prognosevergleich in unterschiedlichen Versorgungsformen; Untersuchung gleichwertiger Alternativen; Vernetzung und Komplementarität von Versorgungsmodulen, -settings und berufsständischen -strukturen; Einflussfaktoren auf den versorgungsbedarf; Risikofaktoren für Rückfälle, Chronifizierung und Wiederaufnahme.

 

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