Projekt EMIRA - Ecological momentary intervention to reduce suicide risk among adolescents (BMBF Nachwuchsgruppe)

Hintergrund

Suizide sind eine führende Todesursache unter Jugendlichen und es wird geschätzt, dass etwa ein Drittel der Jugendlichen in Deutschland suizidale Gedanken erlebt, während ca. 6-9 % einen Suizidversuch unternehmen. Erste Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass das Suizidalitätserleben von Jugendlichen sehr variabel ist (d.h. starke Schwankungen innerhalb eines Tages, einer Stunde oder weniger Minuten).

Ein integraler Bestandteil aktueller Maßnahmen zur Reduktion des erhöhten Suizidrisikos ist Safety Planning. Dieses beinhaltet einen persönlichen Notfallplan, der, angewendet in einer möglichen suizidalen Krise, das Suizidrisiko der Betroffenen senken soll. In einem Notfallplan werden Warnzeichen einer sich entwickelnden Krise sowie mögliche Strategien zum Umgang mit einer solchen Krise (z.B. Ablenkung, Freund:innen oder Fachpersonen kontaktieren) vermerkt.

Häufig werden Notfallpläne im therapeutischen Rahmen papierbasiert entwickelt. Eine wichtige Limitation dabei ist, dass die Wirksamkeit solcher papierbasierter Notfallpläne davon abhängt, ob diese auch im Alltag Anwendung finden. Insbesondere Jugendliche könnten von einem digitalen Notfallplan als Alternative profitieren. Dessen sofortige Verfügbarkeit in Krisensituationen spielt insbesondere in Bezug auf das teilweise stark schwankende Suizidalitätserleben eine wichtige Rolle. Die Zielsetzung des EMIRA-Projekts ist daher die Entwicklung und Evaluation einer Safety Planning Smartphone-​App für Jugendliche im Alter von 14-17 Jahren.

 

 

Teilprojekt 1

In Teilprojekt 1 (2023) wurden Fokusgruppen mit Jugendlichen, die suizidale Gedanken erleben, Eltern von betroffenen Jugendlichen sowie Fachpersonen, die diese Jugendlichen unterstützen (z.B. Therapeut:innen, Pflegekräfte), durchgeführt. Mithilfe der Fokusgruppen wollten wir herausfinden, welche Erfahrungen Jugendliche, deren Eltern und Fachpersonen mit Safety Planning gemacht haben. Zudem sammelten wir Informationen dazu, wie eine Safety Planning Smartphone-App gestaltet werden soll.

Ergebnisse der Fokusgruppen sind bereits in einem Fachartikel publiziert (englischsprachig):

Großmann, T., Hörger, J., Bayer, N., Bückle, S., Buschek, D., Fegert, J. M., ... & Oexle, N. (2025). Developing a Safety Planning Smartphone App to Support Adolescents’ Self-Management During Emotional Crises. International Journal of Environmental Research and Public Health, 22(11), 1607

 

 

Teilprojekt 2

In Teilprojekt 2 (2023-2024) wurde ein Ecological Momentary Assessment (kurz: EMA) durchgeführt. Im Rahmen von EMA-Studien werden das Erleben und Verhalten von Studienteilnehmenden möglichst akkurat im Alltag erfasst, beispielsweise mithilfe des eigenen Smartphones. In unserem Teilprojekt haben wir Jugendliche mit suizidalen Gedanken sieben Tage lang mehrmals am Tag zu momentanen Stimmungen und Gedanken – auch Suizidgedanken – befragt. Dabei wollten wir unter anderem erfahren, in welchen Momenten Suizidgedanken ausgeprägter sind und Unterstützung, z.B. durch eine Smartphone-App, am notwendigsten ist. Erste Ergebnisse unter den von uns befragten Jugendlichen deuten darauf hin, dass Suizidgedanken innerhalb eines Tages stark schwankten und montags sowie in den Abendstunden am stärksten waren.

In diesem Video wird ein Teil unserer Ergebnisse für die Studienteilnehmenden zusammengefasst. 

 

 

Teilprojekt 3 - Die emira-App

Auf Basis von Teilprojekt 1 und 2 wurde in Teilprojekt 3 (2024-2025) die emira-App entwickelt.

Herzstück der App ist der persönliche Notfallplan. In diesen können Nutzende eintragen, woran sie erkennen, dass es ihnen nicht gut geht, was ihnen in solchen Situationen hilft sowie welche Strategien und Maßnahmen sie anwenden können, um diese Situation zu bewältigen. So können beispielsweise Telefonnummern von Vertrauenspersonen abgespeichert werden, welche bei Bedarf direkt aus der App angerufen oder angeschrieben werden können. Weitere Features sind die Hopebox, Skillsketten, Kraftquellen, Tagebuch und das Wissenscenter. Bei der individuellen Gestaltung der App können Nutzende auf Vorschläge zurückgreifen. Außerdem können sich Nutzende über bestimmte Inhalte der App regelmäßig benachrichtigen lassen (z.B. Inhalte der Hopebox, Erinnerungen an Tagebucheintrag).

Im Moment wird die emira-App noch wissenschaftlich überprüft (siehe Teilprojekt 4) und ist noch nicht öffentlich verfügbar. Hier ein kleiner Einblick in die App:

 

 

Teilprojekt 4

In Teilprojekt 4 wird die emira-App aktuell hinsichtlich suizidalitätsbezogener Bewältigung sowie Anwendbarkeit untersucht. Dazu rekrutieren wir an drei Standorten (Kliniken für Kinder-​ und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie in Ulm, Ravensburg-Weissenau und Böblingen) Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren, die aktuell bzw. in letzter Zeit Suizidalität erlebt haben. Die Rekrutierung ist bis Mitte 2027 geplant. Jugendliche, die an der Studie teilnehmen, füllen zu drei Messzeitpunkten im Abstand von vier Wochen Fragebögen aus. Die Teilnehmende bekommen nach dem ersten oder zweiten Messzeitpunkt Zugang zur emira-App. Die Zuteilung erfolgt zufällig.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Studienablauf.

Hier finden Sie den Flyer in der Online- und Druckversion

 

 

Das Team

Projektleitung
Profilbild von Prof. Dr. biol. hum. Nathalie Oexle

Prof. Dr. biol. hum. Nathalie Oexle

Leiterin der Arbeitsgruppe Suizidprävention

 

 

Projektmitarbeitende
Standort Ulm
Profilbild von Dr. phil. Matthias Lühr

Dr. phil. Matthias Lühr

M. A. Sozialwissenschaften | wissenschaftlicher Mitarbeiter

Standort Ravensburg
Profilbild von  Tamara Großmann

Tamara Großmann

M. Sc. Pflegewissenschaft | wissenschaftliche Mitarbeiterin

Standort Böblingen
Profilbild von Dr. biol. hum. Lea Mayer

Dr. biol. hum. Lea Mayer

M. Sc. in Psychologie | wissenschaftliche Mitarbeiterin

 

Allgemeine Anfragen gerne an: emira@uni-ulm.de 

 

Förderung durch